Das Paradies ist abgeschlossen. Schäumend, im zum Wellnesstempel umfunktionierten Palmenhaus im Burggarten wurde die Serie von Chris Haring / Liquid Loft „The Perfect Garden“ eröffnet. Nach „Mush Room“ hat der perfekte Garten nun mit „Deep Dish“ im Rahmen von ImPulsTanz seine Tore geschlossen. Gemeinsam mit dem bildenden Künstler Michel Blazy lenkt die Vorstellung vom künstlichen Paradies den Blick auf das Werden, Wachsen und Vergehen, auf die Existenz schlecht hin.
Nichts ist verloren. Auch wenn die „Garden“-Serie, die den kontinuierlichen Prozess organischen Materials (auch der Mensch ist ja nichts anderes) untersucht und mit Objektinstallationen, Live-Performance und Sound wunderbare Biotope gezeigt hat, nun beendet ist, bleiben die einzelnen Module erhalten, können, wie viele andere Werke von Chris Haring / Liquid Loft immer wieder gezeigt werden. Liquid Loft ist auch international gut vernetzt und von Veranstaltern und Publikum geliebt.
Die Bühne wird flach. Schon seit gut zehn Jahren arbeiten die bildende Künstlerin Mara Mattuschka und Chris Haring immer wieder zusammen für ein Filmprojekt. 2005 ist der Kurzfilm „Legal Errorist“ entstanden, der auf Harings gleichnamiger Solo-Choreografie für Stephanie Cumming basiert. Niemals filmt Mattuschka irgendwelche Choreografien ab, weder im 2013 entstandenen Langfilm „The Perfect Garden“, noch im kürzeren „Burning Palace“, der auf dem Modul „The Art Of Seduction“ aus dem „Posing“-Projekt (2007/08) beruht und auch nicht im 28-Minuten-Fim „Running Sushi“, der ebenfalls auf dem gleichnamigen Erfolgsstück von Liquid Loft beruht.
Zwar arbeitet Mattuschka und Haring immer mit dem „originalen“ Bühnenpersonal, in „Running Sushi“ etwa mit Cumming und Johnny Schoffs, auch der Sounddesigner Andres Berger wirkt mit, doch gebietet schon der Wechsel von einer dreidimensionalen Bühne zur flachen Projektionsfläche ein völlig neues, eigenständiges Werk. Dennoch sind die Elemente, die die Grundlage der Arbeit von Haring /Liquid Loft (wobei nicht unerwähnt bleiben soll, dass Cumming als very faithful liquid person seit 11 Jahren ein stabiles und wichtiges Element ist) ausmachen, deutlich sicht- und spürbar.
Mehrfach geehrt. Mattuschka ist mit vielen Preisen ausgezeichnet und bei sämtlichen renommierten Filmfestivals präsent. Ihr Lob zu singen, ist überflüssig und ich fühle mich auch nicht berufen. Den Abend im Garten des Palais Schönborn, an dem „Burning Palace“ und „Running Sushi“ von Mara Mattuschka gezeigt worden ist habe ich jedoch staunend genossen. Nicht eine Story ist wieder zu erkennen (weil es in Harings Choreografien ohnehin keine gibt), doch tauchen Assoziationen und auch Erinnerungen auf und die Diskrepanz zwischen dem Alltagskörper und dem Bühnen / Filmkörper, zwischen Realität und Künstlichkeit wird ebenso deutlich wie der abrupte Stimmungswechsel und das Brechen eines emotionalen Zustands. Romantisch geglotzt wird weder im Liquid Loft noch im Kino von Mara Mattuschka.
In der an die Vorführung anschließenden Diskussion mit den ProtagonistInnen, bringt Stephanie Cumming den Unterschied zwischen Film und Bühne auf einen ganz anderen Punkt, der dennoch in die Kiste mit dem Arbeitsmaterials von Liquid Loft gehört. Auf der Bühne sind die PerformerInnen eine einzige Person, die sie darstellen. Eine zweite gibt es nicht, weder für sie selbst noch für das Publikum. Bei einer Filmvorführung sind die TänzerInnen /DarstellerInnen quasi verdoppelt: Ein Körper auf der Leinwand, einer im Publikum. Nicht verwunderlich, dass Cumming ein wenig blümerant ist: „Mich selber anzuschauen, das ist … schon komisch.“
Kurzfilmnacht mit Chris Haring : „Burning Palace & Running Sushi“ von Mara Mattuschka / Chris Haring. Im Rahmen von espressofilm, dem Open Air Kurzfilmfestival im Gartenpalais Schönborn, gemeinsam mit ImPulsTanz, 8.August 2014.