Es ist immer und überall ein Kommen und ein Gehen – auch in der Tanzkompanie der Oper Graz. Angekommen sind die „Neuen“, Tänzerinnen und Tänzer aus drei Kontinenten, acht an der Zahl. Und mit dem Koffer in der Hand eroberte die erste von ihnen die Studiobühne: Lorena Sabena, aus Argentinien kommend.
Mit einem ersten Solo stellte sie sich vor – wie alle anderen auch; und in einem kleinen, von Ballettdirektor Darrel Toulon personenspezifisch gestalteten Gespräch gab es zusätzlich jeweils spontane Wortspenden; mindestens ebenso individuell wie die Soli selbst. Und damit hatte sich bis zum Ende des Abends ein „handfester“, ein künstlerisch-persönlicher Puzzleteil zum anderen gefügt, womit sich, ergänzend zu den schon bekannten Tanz-KünstlerInnen der Cie, dem Publikum eine konkrete, lebendige Verbindung zu dem ergibt, was an Tänzerisch-Zeitgenössischem in dieser Saison im Grazer Opernhaus zu entdecken sein wird.
Das in den Solis vorgestellte Formen- und Themenmaterial lässt an Buntheit nichts vermissen: Vorweg mit nachdenklicher Zurückhaltung kommt Sabena des Weges. Sie visualisiert das durchlebte Unterwegs-Sein, dieses „meet and let go“, diese Emotionen zwischen Abschied und Verzicht, basierend auf blitzbunter Lebensfülle – und Freude. Eine gleichermaßen intensive wie differenziert geformte Gefühlswelt zwischen Entspannung und Anspannung entfaltet der Ungar Szabolcs Pataki. Inspiriert von „Alice in Wonderland“, dem Lieblingsstück ihrer Kindheit, ist die choreographische Miniatur der Italienerin Eleonora Pennacchini, die sie, zum Teil gemeinsam mit Kollegen und mit Gesichtsmasken, präsentiert: Spätestens nach dieser „Visitenkarte“ wartet man mit Interesse und Freude auf das nächste Zusammentreffen mit diesen „Neuen“.
Dies gilt für die luftig leichte Szene eines „Kindes im Manne“, des Belgiers Dylan Hoskins durchaus ebenso, schließlich hat auch Unterhalsames seinen wichtigen Platz. Insbesondere, um so tiefberührend Ernstes aufnehmen zu können, wie es Kana Mabuchi mit blitzschnellem Stift auf dem Papier und ihren Bewegungen im Raum präsentiert: in Erinnerung an das Erdbeben in Japan vor 4 Jahren. Mit interdisziplinärem Können begeistert auch ihre Landsmännin Miki Whakbayashi, deren Bewegungen zu den von ihr gemachten Fotos immer mehr zu einem genialen Tanz mit diesen werden. Eine überaus stimmige Verbindung von Literatur, Video, Musik und feinem Bewegungsrepertoire kreiert feinsinnig der Portugiesen Frederico Oliviera. Und dem Italiener Alberto Cissello gelingt es durch explosive, selbstironische Offenheit das Vorurteile von Machismo (etwa) dem (italienischen) Manne gegenüber in ein Nichts aufzulösen – auch ein nicht unwesentlicher Themen-Pfad.
Eingangs ist auch von „Gehen“ die Rede und dies betrifft keinen Geringeren als den Ballettchef Darrel Toulon selbst. Eröffnet er doch mit dieser 6.Tanz Nite Runde gleichzeitig seine letzte Saison in dieser Funktion in Graz. Wenn die hier gebotene ebenso publikumsnahe und lockere wie hohe Qualität gehalten wird, wird der Abschied ein schwerer werden.
Tanz Nite 1 am 20. September 2014, Studiobühne Oper Graz