Im Kulturhaus mo.ë, den Räumen der ehemaligen k. u. k. Orden- und Medaillenmanufaktur Mandelbaum in der Thelemanngasse, zeigte Michael O’Connor gemeinsam mit Karin Pauer den letzten Teil einer Trilogie, die sich mit den Theorien der Psychogeographie beschäftigt. O’Connor versucht die Theorie der Wissenschaft in die Praxis der Performance umzusetzen. In “Moving Around X“ geht es um die Metapher, die verformte und die neu geschaffene.
Sowohl die Wissenschaft als auch die Kunst beschäftigt sich mit Psychogeographie und untersucht, welchen Einfluss die architektonische oder geographische Umgebung auf die Wahrnehmung, das psychische Erleben und das Verhalten hat. Der Tänzer und Choreograph Michael O’Connor, in Wien lebender Nordamerikaner, beschäftigt sich seit seiner Studienzeit nicht nur mit Tanz, Performance und Choreografie sondern auch mit Philosophie, den Neurowissenschaften und den Kognitionswissenchaften, der Erforschung bewusster Vorgänge. Immer wieder versucht er philosophische und wissenschaftliche Ansätze zum Thema seiner Choreografien und Performances zu machen.
In der Triloge „Love – Empathy – Metaphor“ erforscht er welche Möglichkeiten es gibt Sinn und Bedeutung von Theorien mit dem Körper umzusetzen. Dabei benötigt er vor allem im letzten Teil, in dem es um die Metapher geht, eine vollgeräumte Bühne auf der die Tänzerin Karin Pauer und der Tänzer O’Connor mit dem Material spielen, kämpfen, es verformen, zweckentfremdet benützen. Da wird an Schnüren gezogen und diese um den Leib gewickelt, mit Pappendeckelkisten und Säcken voll schwarzer Erde hantiert und auch versucht, die Zeit anzuhalten, die unbremsbar als digitale Schrift an der Wand erscheint. Karin Pauer ist eine präzise Tänzerin, mit sparsamen, ungewohnten Bewegungen und ausdruckslosem Gesicht. O’Connor gesellt sich im Mittelteil der Performance als Tänzer dazu, doch ein Duett entsteht nicht, die beiden scheinen einander nicht zu kennen. Es gibt schöne Bilder, wie einen durchsichtigen Vorhang, der mit einem Ventilator zum Wellenschlagen und Schweben gebracht wird – als neue Odette in zerrissenen Jenas schreitet Pauer durch den metaphorischen See. Und auch viele unverständliche Bilder sind zu sehen, etwa wenn sich beide Performerinnen am Ende mit schwarzer Knetmasse oder fettigem Schlamm beschmieren. Der Gedanke dahinter bleibt verborgen.
Meine Bemühungen bekannte Metaphern zu erkennen, muss ich ohnehin bald aufgeben, zu schwierig erscheint es mir, in der Aktion der Körper, dem Schwingen der Arme und den durchgedrückten Torsi die Theorien zu erkennen. Ich beschränke mich auf's Zuschauen und beobachten.
Klar, das Environment, die Objekte auf der Bühne, der recht roh wirkende Saal im mo ë, der sanft rauschende Klangteppich (samt Liebestod) für den Alexander Kasses verantwortlich ist, verändern nicht nur die Choreografie und die Bewegungssprache sondern auch die Gedanken. „Hätten wir andere Körper, hätten wir andere Gedanken,“ sagt der Choreograf. Das leuchtet ein. Doch auch der neue Körper, die elaborierte Bewegung, die perfekte Performance, die exzellenten Performer und der kluge, nachdenkliche Choreograf können die Gedanken nicht von innen nach außen tragen. Sie bleiben verborgen, wie die Gesichter von Frau und Mann auf der Bühne unter der Schlammpackung. Und die Gäste dürfen schauen und staunen und genießen und verblüfft feststellen, dass die Zeit tatsächlich stehen geblieben ist. De gute Stunde war viel zu kurz.
Michael O’Connor: „Moving Around X“, 30. Oktober 2014, mo.ë.