Es war ein Abend der Rollendebüts. Zwar gab es in der zweiten Vorstellung dieser Saison des dreiteiligen Programms "Ballett-Hommage" wenige Neubesetzungen, doch diese tanzten besonders beherzt und temperamentvoll. Die Gasttänzerin Anna Tsygankova verlieh den besonderen Glanz.
Die zweite Vorstellung ist bekanntlich die schwierigste, und so konnte wohl auch dieser Abend nicht an die Vorgaben der Wiederaufnahme der „Ballett-Hommage“ vom 11. Dezember anschließen. Das hämmernde Prickeln, das William Forsythes Choreografie verlangt, wich diesmal einem großteils routinierten Abspulen, mit so mancher Zeitverzögerung. Hervorstechend waren jedoch die RollendbütantInnen Masayu Kimoto und Natascha Mair, bei der jeder Schritt ein Statement war. Aufgefallen ist mit ihrem „Biss“ auch Nina Poláková, nicht nur in „The Second Detail“, sondern auch in Natalia Horecnas Jenseits-Fantasien „Contra Clockwise Witness“. Als Spiritueller Beistand der Seele erreicht sie eine berührende Intensität, ganz besonders im Pas de deux mit Roman Lazik. Nikisha Fogo sollte nach ihrem ersten Auftritt als Braut noch etwas am Timing dieser Figur arbeiten.
Der Impakt von Harald Landers „Études“ ist von der Ensemble-Leistung abhängig. An diesem Abend versprühten aber vor allem die SolistInnen das Feuer. Allen voran Anna Tsygankova, Erste Solistin des Het Nationale Ballet in Amsterdam. Ob als romantische Verführerin oder klassische Primaballerina, Tsygankova ist in allen Rollen von einnehmender und charmanter Natürlichkeit. Die komplexen und schnellen Enchaînements und Tours meistert sie mit souveräner Gelassenheit. Es spricht vom Selbstbewusstsein des Wiener Ballettchefs Manuel Legris, dass er die Gasttänzerin mit einem Halbsolisten (Dimitru Taran ) und Corps-Tänzer (im seinem Rollendebut Leonardo Basilio) "zusammenspannt" – und die Entscheidung wurde belohnt, denn Tsygankovas Partner liefen zu Hochform auf. Nach anfänglichen Unsicherheiten meisterte auch Basilio seine Entrechats und Allegro-Kombinationen mit bestechender Präzision, der Erste Solist Vladimir Shishov erwies sich wieder als zuverlässiger Partner. Und so erwachte auch das Publikum am Ende dieses Abends endlich aus seiner Lethargie und bedachte die TänzerInnen sowie das Orchester (geleitet von Peter Ernst Lassen) doch noch mit einem warmen Applaus.
Wiener Staatsoper: „Ballett-Hommage“ am 17. Dezember in der Wiener Staatsoper, Reprise mit großteils derselben Besetzung am 29. Dezember 2014, alternierende Besetzungen am 13. und 17. Jänner, 23. und 26. März 2015.