Auf der Suche nach den inneren Dämonen, hat Wim Vandekeybus – seit vielen Jahren eine fixe Größe der zeitgenössischen Choreografie – eine bunte Szenencollage kreiert, deren Sinn man vergeblich sucht. Doch nachdem der Belgier in der Sinnsuche „die schöne und gefährliche Seite unserer Existenz“ vermutet, ist die Sinnlosigkeit seiner Produktion „Talk to the Demon“ wohl eine logische Konsequenz.
Ein Mann tritt mit zwei Kindern auf und lässt das Publikum entscheiden, welches der beiden mitspielen darf: der farbige, zwölfjährige Samuel oder der blonde, neunjährige Luke. Die Wahl trifft auf den niedlichen Luke. Samuel zieht ab. Luke wird nun alle Register ziehen, um die sechs erwachsenen Performern zu manipulieren und in ihnen Gefühle wie Verlangen, Gier, Mobbing, Teilnahmslosigkeit oder Rücksichtslosigkeit hervorzulocken. Auch das Kind wird von Fantasy-Dämonen verfolgt – Figuren aus dem Reich von Stephen King oder David Lynch bedrängen es. Und es sucht nach Liebe und bekommt dafür Ausreden der Erwachsenen. Schließlich wird es die an elastischen Seilen hängenden Erwachsenen wie Marionetten tanzen lassen, ferngesteuert von einer kindgerechten Soundmaschine, die – abgesehen von Steinen, die gegen eine Metallmauer geworfen werden – die einzige Geräusch-Intervention im Stück. Bis hierher könnte man dem Versuch einer thematischen Auseinandersetzung noch einiges abgewinnen. Immerhin wird trotz der zweideutigen Rolle, die die Kinder hier spielen, ihre Integrität auch durch humorvolle Momenten gewahrt. Mehrmals werden die Dämonen in uns mit Hilfe der doppelten Enactments veranschaulicht – ein Darsteller spricht, der andere begleitet den Text symbiotisch mit Handgesten.
Doch Vandekeybus überstrapaziert die Angelegenheit, indem er mindestens drei logische Schlussszenen einfach ignoriert und immer wieder noch eine Szene dranhängt. Dadurch verlieren auch die starken Bilder, die es immer wieder gibt, an Impakt. Nach einer apokalyptischen Sequenz, bei der alle tot umfallen, beginnt es wieder von Neuem. Dann werden die Kinder zu Monstern (Samuel taucht trotz anfänglicher Verbannung doch wieder auf). Das „Böse“ erhält noch einmal eine grausame Steigerung, wenn ein Schauspieler Samuel von seinen grausamen Heldentaten im Krieg erzählt. Am Ende treten die DarstellerInnen in einer stillen Szene als Clowns auf. Und nach 105 langen Minuten voller Gewalt, Aggression und Action fragt man sich: „So what?“
Wim Vandekeybus: „Talk to the Demon“ am 12. Februar 2015 im Tanzquartier Wien.