Mit ebenso unvoreingenommenem wie professionellem Engagement und kreativem Spaß, vermengt mit Ironie und einer Prise Nachdenklichkeit wird hier nach Herzenslust mediale Form und künstlerisches Können durcheinandergewirbelt, wird von einer weitgehend leeren Bühne geschickt raumgreifend Besitz genommen: „The Loose Collective“ ist wieder unterwegs; mit großen Schuhen und mutigen Schritten zu großen Themen.
Dieses Mal auf Erkundung von dem, was die Welt denn so zusammenhält, sie entstehen ließ und vor allem: warum. „Dieses Mal“ auch deswegen, weil die Performance den erste Teil der Trilogie „ Feeding Fighting and Fucking“ darstellt.
Zu Beginn der konzertanten Tanz-Performance, also zurzeit der Erd-Entstehung, versinkt der Zuschauer dank dichter akustisch-visueller Verortung (Stephan Sperlich und Guenther Berger: Live-Elektronik u.a., Kostüm und Bühne: Hanna Hollmann, Lichtdesign: Peter Thalhamer), atmosphärisch tatsächlich ein wenig in der imaginierte Urwelt. Bald und immer wieder ergänzt durch bildungswissenschaftliche, aus dem Off (Hanne Kozeluh) kommende Informationen und populärwissenschaftliche Hypothesen sowie Dokumentationen über damit zusammenhängende Themen, Bis Bewegung unter der Erdkruste, den bühnenbedeckenden Planen, entsteht und schließlich die Musiker/Tänzer/Performer als menschenähnliche Wesen – mit langen Mähnen und bemalt – in fremdartiger Bewegungs-Chaotik sichtbar werden. Ohne strenge Chronologie entwickeln sich vielmehr einzelne Bilder von unerwarteten Mutationen, unterstrichen durch häufigen Wechsel einzelner Künstler vom Performer zum Sprecher und/oder zum Musiker, wobei schließlich besonders die Ensembleszene in gelben Höschen bewegungschoreographisch amüsant und ungewöhnlich gelingt (auch wenn Editta Brauns „Luvos, vol. 2“ aus dem Jahre 2001 grüßen lassen) ; sieht man doch nach einiger Zeit nicht mehr den hockend sich bewegenden Menschen von hinten (leider nicht von allen im erforderlich exakten Maße ausgeführt), sondern Vierfüssler der anderen Art, was, gemeinsam mit den eingespielten Informationen und Texten Entertainment in bester Art ergibt.
Getragen immer wieder - auch dann, wenn sich das präsentierte Bewegungsrepertoire ein wenig in Wiederholungen und Beiläufigkeiten verliert - von mitreißender, gemeinsam gespielter live Rockmusik oder auch gesungenen Einzelauftritten der KünstlerInnen: Marta Navaridas, Tänzerin-Choreografin, ist nicht nur am Schlagzeug unüberhörbar, sondern überzeugt vor allem auch in ihrem Gesangssolo mit stimmlich-performativer Ausdruckskraft.
Dass das Showtalent Alex Deutinger in den Endszenen noch eines draufgibt, kann und darf nicht verschwiegen werden. Denn seine durchgestylt vorgetragenen, zwischen Groteske, Clownerie und Verzweiflung changierenden Überlegungen sind im Grunde sehr ernsthaft, sind Hilfeschreie um Aufmerksamkeit und um Sensibilität für das Geschehen rund um uns – und sind künstlerisch ein Ausnahme-Vergnügen für sich. Das ist nachdrücklich- performative Bühnenpräsenz mit lustvollem Feinschliff und Tiefgang.
Und schließlich ist es der zitierte, im Team kreierte Text oder jedenfalls einzelne Textpassagen daraus wie: „“Our history shaped by countless events epic but trivial too…“, What are we but blobs in motion“, die diesem eigenständig-eigenwilligen Projekt herausragende Qualität verleihen.
The Loose Collective „On Earth“, Graz-Premiere am 20.Oktober 2016 im TTZ, letzte Vorstellung am 21. Oktober.