„Compositionally I always wanted to be like Fred Astaire“, sagt Morton Feldman in der jüngsten Produktion von Regisseur Yosi Wanunu und seiner Formation Toxic Dreams, in der der bedeutende Avantgarde-Komponist des 20. Jahrhunderts zu Wort kommt. Grundlage des inszenierten Textes in „Morton Feldman Says“ sind seine Darmstädter Vorlesung 1984, das daran anschließende Publikumsgespräch sowie diverse Presse-Interviews.
Publikum und Akteure teilen sich den Bühnenraum in der Halle G des Museumsquartiers. Vier Schauspieler sind im Publikum verteilt und stellen ihre Fragen. Der Komponist sitzt in der Mitte auf einem kleinen Podest auf einem Klavierhocker, ist unterhaltsamer Gesprächspartner und findet überraschende, kontroversielle, humorvolle oder auch ganz banale Antworten. Mit Diaprojektionen an den Wänden ist der Raum der „Rothko Chapel“ in Houston, Texas, nachempfunden, für die Feldman auch ein Werk geschrieben hatte. Die Musik von Martin Siewert und Christian Weber evoziert Feldmans Kompositionen und schwebt in Momenten der Stille meditativ im Raum.
Gerne illustriert Feldman seine Ausführungen mit kleinen Anekdoten. Mit seinem Astaire-Vergleich etwa grenzt er sich dezidiert von seinen Minimal Music-Kollegen Steve Reich und Phil Glass ab. Viel näher fühlt er sich da John Cage. Von da ist der Weg nicht weit zu Merce Cunningham, mit dem er 1958 für das Stück „Summerspace“ zusammenarbeitete. Robert Rauschenberg lieferte dazu das Bühnenbild. Für Feldman eine abstrakte Erfahrung, aber ganz nach seinem Geschmack: „I want everything, alles, in one piece“.
Er erzählt über seinen Umgang mit seinen Studenten (Feldman unterrichtete an der University von Buffalo, New York) und stellt gewagte Thesen auf, die bei seinen Gesprächspartnern Widerspruch hervorrufen. So behauptete er beispielsweise, dass kein Komponist irgendetwas beeinflusst hätte, nicht Bach, nicht Beethoven – Murren im Publikum – „and don’t argue with me!“
Wenn einer über das Leben, die Musik, die Kunst und seine Arbeit monologisiert, ist das kein aufgelegter Theaterstoff. Doch das sind genau die Projekte, die Toxic Dreams interessieren. Wanunus präzise Inszenierung wird von Markus Zett – ganz à la Feldman gestylt – großartig umgesetzt. Während Zett frei spricht, lesen die vier Fragenden (Susanne Gschwendtner, Anna Mendelssohn, Anat Stainberg und Yosi Wanunu) ihre Prompts in einem Skript, ein Stilmittel, das die Distanz zwischen Interviewer und Interviewtem noch vergrößert. Feldman ist immer auf der Hut, ob ihn die vier mit ihren kritischen Fragen nicht aufs Eis führen wollen.
In Bezug zur Reduktion der Ausdrucksmittel und seiner meditativen Konzentration erinnerte mich „Morton Feldman Says“ an den Dialogfilm „Mein Essen mit André“ von Louis Malle (1981). In beiden Fällen braucht man Geduld und Ausdauer, um den Erzählungen zu folgen – und wird mit jeder Menge „food for thought“ belohnt.
Toxic Dreams „Morton Feldman Says“ am 3. Februar 2017 im Tanzquartier Wien.