Das seit 2004 performende Kernteam des Wiener Kulturvereins Fenfire - die beiden Artisten Christiane Hapt und Sebastian Berger - kann auf Auftritte in 37 Ländern auf vier Kontinenten verweisen. Gemeinsam mit dem aus Schottland gebürtigen Michael Caden Pike zeigen sie ihre experimentelle Kunst der Jonglage-Technik und Objektmanipulation unter anderem im Rahmen von Theaterproduktionen, zeitgenössischem Zirkus und Straßentheater.
Ihr abendfüllendes Zirkustheaterstück „Trust in Time“ soll nun 2018 auf Europa Tournee gehen; Nachfrage ist vielerorts vorhanden, denn nur in Österreich selbst fristet der zeitgenössische Zirkus immer noch ein Nischendasein. Zu Unrecht, wie auch hier, bei der Steiermark-Premiere dieser unterhaltsamen wie zeitkritischen Performance zu erleben war.
Basierend auf einem engen Mit- und Nebeneinander von bildnerisch dominierten Passagen und solchen der darstellenden (wortlosen) Künste sind es in Andeutungen inszenierte und choreographierte Alltagsszenen (Dramaturgie & Coaching: Asli Kislal) rund um die Themen Arbeit und Zeit. Zum Teil ist es die zurückgenommene Einfachheit der Ausdrucksmittel, der Mut zur Langsamkeit und Wiederholung, der ihre feinnervige Tiefenwirkung ausmacht; zum Teil die unaufgesetzte Selbstverständlichkeit, bei der eine objektmanipulierende Präzisionsarbeit brilliert; in Soli, im Duo sowie zu dritt. Bei so mancher dieser Stabmanipulationen stellt sich die Frage, wer da mit wem tanzt. Und was den Fluss der Bewegung bei Mensch und Objekt betrifft, kann immer wieder von „kongenial“ gesprochen werden.
Aber bei all dem, was da also bewegungstechnisch fasziniert, kommt auch der zeitimmanente Inhalt (bei dem Charly Chaplins bekannte Bilder zur Arbeit anklagend aus der Vergangenheit rufen) ganz und gar nicht zu kurz. In differenzierter Aufbereitung wird an das Thema der alles beherrschenden, unaufhaltsam verrinnenden Zeit gemahnt: Ob konkret in der Eingangs-Szene mittels einer geöffneten und damit auslaufenden Sanduhr; ob in den wiederkehrenden, variierten Bildern der Zahnräder, die, assoziativ „nachgestaltet“ von den drei Künstlern durch das Präzisions-Zusammenspiel ihrer Stäbe, unbarmherzig ihre Arbeit tun.
Neben kleinen, unbeschwerten Ausbrüchen in eine Art kindlich Welt des Spiels wird kurzzeitig auch zu zweit der Ausbruch aus dem alles dominierenden Korsett von Zeit und Job geprobt und (ein wenig) pragmatisch (wenn auch kreativ präsentiert) an etwas Gemeinsamem, an einem Haus, gebaut. Allein die harte Realität – ironischerweise wunderbar in poetisches Schattenspiel gekleidet – stülpt sich letztlich aber ja doch wieder über all diese „naiv-optimistischen“ Versuche.
Die Aufführung ist ein überzeugendes Beispiel heutiger zirzensischer Kunst; einer, die bei aller ungeschönten Realitätsnähe durch ihre feinsinnige, in sich ruhende Präsentationsweise wundersam aus der Zeit gefallen scheint.
Fenfire: "Trust in Time" am 2. November 2017 im Kristallwerk Graz (Uraufführung am 7. Oktober im Stadttheater Wiener Neustadt)