Die „Lange Nacht“ der Museen, der Musik oder der Kirchen sind aus dem Kulturkalender nicht mehr wegzudenken. An diesen Erfolg versuchen auch Veranstalter im Tanzbereich anzuschließen. Doch der einzigen Institution, der es gelungen ist, daraus ein unverwechselbares Markenzeichen zu machen, ist das CCB (Choreographic Center Bleiburg / Pliberk) in Kärnten.
Seit 2012 ist es das Tanzereignis im südlichsten Bundesland, und kurz nach seiner Erfindung in Bleiburg haben sich auch andere Städte angeschlossen. Mittlerweile läuft die „Lange Nacht des Tanzes“ jedes Jahr in zwei Kärntner sowie einer slowenischen oder italienischen Gemeinden. Gmünd war mit der heurigen Ausgabe bereits zum zweiten Mal Austragungsort. Die Gesamtregie verantwortete erneut die Tänzerin und Choreografin Anna Hein.
Das zu anderen Jahren vergleichsweise konzentrierte Format – „nur“ sechs Stationen (mit je zwei Wiederholungen) wurden geboten – hat sich heuer auch wegen der Wetterlage bestens bewährt. Tomaž Simatović ging bei seiner Intervention im Skulpturengarten Fritz Russ buchstäblich baden, als er in seinem Selbstfesselungsakt am Ufer der Malta ausrutschte – zum Glück ist der Insel, auf die er zustrebte, nur ein kleines Rinnsal vorgelagert.
Cat Jimenez musste sich in ihrem Solo „Yp_Hend“ (Choreografie: Elio Gervasi) gegen den rutschigen Boden durchsetzen – und kämpfte sehr tapfer gegen den schlüpfrigen Untergrund. Vielleicht gab der heftige Regen der Choreografie eine andere, neue Dimension, wenn die langgliedrige, tropfende Gestalt der Tänzerin quasi schicksalsergeben ihre Bahnen zieht. Eine weitere der Solochoreografien „Reisen durch den Spiegel“, die Elio Gervasi für junge Tänzerinnen kreiert hat, war im Kulturkino zu sehen: „Enklave“, Hannah Timbrells berührender, zögerlicher und poetischer Dialog mit sich selbst bzw. mit einem imaginierten Gegenüber. Am Ende stülpt sie sich das „Bühnenbild“ – ein rundes Gebinde von Pet-Flaschen – auf den Kopf, das im Scheinwerferlicht funkelt und brilliert. Der Riesenhut wird zur Krone einer selbstbewussten Frau, die ihre Unsicherheiten überwunden hat.
Ein Wiedersehen gab es mit Hygin Delimat & Dancers, die bereits bei der „Langen Nacht des Tanzes 2017“ ihre geschickten Manipulationen mit Holzpaletten unter Beweis gestellt hatten. Diesmal belebten die „Body Architects“ die 2017 errichtete Architekturskulptur „Holzfaltatelier“ mit ihren rhythmisch-dynamischen Experimenten.
In der Lodronschen Reitschule eröffnete das Duo Eliana Berzins und Alfredo Andreas Rutar die Lange Nacht nicht nur mit Tango, sondern präsentierte auch zwei argentinische Folkloretänze. Bernadette Prix hat ihre Choreografie „Schweigsam wie der Winter“ für die Tänzerinnen der Omega Kai Alpha-Gruppe mit Visuals ergänzt. Ein Auszug aus der Partitur erscheint auf den weißen Wänden und den Körpern der drei Solistinnen, und wird im Laufe des Stücks von zum Thema passenden Naturbildern abgelöst. Die effektvollen Projektionen und Vivaldis „Die Vier Jahreszeiten“, eindringlich in der „recomposed“ Version von Max Richter, waren besonders im ersten Teil überzeugend eingesetzt.
Der sechsstündige Reigen aus Outdoor und Indoor-Performances mit einem rege mitwandernden Publikum endete kurz vor Mitternacht mit einem tänzerisch-musikalischen Aperçu von Anna Hein in der Alten Burg. Für das Finale "A Perfect Day" spielte der Gitarrist und Komponist Stavros Chilas auf, begleitet vom Schlagzeuger Voland Székely (Hygin Delimat & Dancers), und noch einmal erwiesen alle Tänzerinnen und Tänzern der „Künstlerstadt“ (Eigendefinition) Gmünd, ihre Referenz.
„Lange Nacht des Tanzes“ am 20. Juli 2018 in Gmünd. Die nächste „Lange Nacht des Tanzes“ findet mit geändertem Progamm am 10. August in Bleiburg / Pliberk statt. Eine gekürzte Version gibt es am 21. September 2018 in Slovenj Gradec/ Slowenien. Eine Veranstaltung des CCB.