Dystopia hat auf den europäischen Tanzbühnen Hochkonjunktur. Wenig verwunderlich angesichts des Zustandes unserer Welt. Doch nur zu oft, und das ist auch der Fall in der neuen Produktion von Jefta von Dinther, ist das Ergebnis – im wörtlichen Sinn – eine Verdunkelungsaktion. Das kreative Lighting Design von Minna Tikkainen blendet hier über weite Teile die Bühnenaktionen aus.
Es ist eindeutig eine Gemeinschaftsarbeit. Neben Tikkainen an den Lichtreglern war Cristina Nyffeler für Bühnenbild und Kostüme zuständig. Um die Figuren im Halbdunkel doch noch wahrnehmbar zu machen, optierte sie für helle Röcke, Shirts und Westen, uniform und doch mit leichten Abweichungen. Sounddesigner David Kier trieb mit seinen Samplings die Aktionen der fünf TänzerInnen voran, die auch bei der choreografischen Entwicklung mitwirkten.
Diese sind eigentlich nur in zwei Szenen wirklich greifbar, in einem gestischen Dialog zu einem mysteriösen Text, und wenn sie im forschen Schritt ihre Kreise über die Bühne ziehen, erst individuell, um dann zu einem Gleichschritt finden. Dazwischen agieren sie im Halbdunkel, kaum erkennbar, entnehmen aus einer Klappe im Bühnenboden, aus der es rot leuchtet, die Bauteile für ein Zelt, das dann, von innen beleuchtet, herumgereicht wird. Immer wieder werden einzelne Fliesen aus dem mobilen Bühnenboden herausgeschält, am Ende geben sie den Blick auf eine schwarz glänzende Fläche frei.
Die meditative und reduzierte Arbeit des schwedischen Choreografen, der in Amsterdam studierte und heute in Berlin lebt, hat durchaus ästhetische Qualität. Also versuchen die ZuseherInnen die geheimnisvollen Szenen, die da entstehen und wieder aufgelöst werden, zu einem Narrativ zu verbinden.
Doch die entscheidende Information bekomme ich erst beim Schlussapplaus, wenn bei heller Beleuchtung offenbar wird, dass die Tänzerinnen verschiedenen Generationen angehören. Das ist jedoch zentral für das Thema, das sich van Dinther gestellt hat: der Weitergabe von einer Generation zur nächsten. Wenn die Grundinformationen dafür allerdings nicht allen zugänglich sind, bleibt der Dialog einseitig. In diesem Fall beim Choreografen.
Jefta van Dinther: „The Quiet” am 12. Dezember im Tanzquartier Wien