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DonQuixote BottaroLiashenkoDKEs ist schon eine Kuriosität, dass man den Auftakt einer Aufführungsserie ausgerechnet vor der Sommerpause setzt, noch dazu von einem Klassiker der Ballettliteratur. Die Wiederaufnahme von „Don Quixote“ in der Choreografie von Rudolf Nurejew als Saisonabschluss läutete gleichsam die neue Spielzeit des Wiener Staatsballetts ein, die im September mit einer Serie von fünf Vorstellungen eröffnet wird.

Die großen Ballette waren im Programm 2022/23 weitgehend abwesend. Einzig die Uraufführung von „Dornröschen“ von Ballettchef Martin Schläpfer im Oktober 2022 stand auf dem Programm. Alle anderen Vorstellungen waren Mehrteiler mit Werken der Moderne und (meist) kleineren Besetzungen. DonQuixote Ensemble

Die Tänzer*innen sollten also einerseits genügend Kraft für die Einstudierung von Don Quixote am Saisonende haben, für die Florence Clerc, ehemalige Danseuse Étoile der Pariser Oper nach Wien gereist war. Zusammen mit Lukas Gaudernak und Jean Christophe Lesage sollte sie die Geschichte vom Ritter von La Mancha bzw. von Kitri und Basil, die sich den Segen für ihre Liebe mit allen Tricks erkämpfen müssen, aufpolieren. Doch andererseits macht sich die Vernachlässigung des klassischen Repertoires in der Compagnie bemerkbar. In den Elan, mit dem sie einst die Rollen meisterten, mischen sich Unsicherheiten und Schwächen, die dem heiteren Charakter des Balletts entgegenwirken. 

DonQuixote LavignacKomödie funktioniert durch präzises Timing, durch kluge Rollengestaltung und – speziell bei „Don Quixote“ durch das verschmitzt-freche Spiel des Liebespaares. All das kam bei dieser Wiederaufnahme zu kurz. Liudmila Konovalova fand als Kitri erst im lyrischen Pas de deux des dritten Aktes zu ihrer Hochform. Der Witz der Beziehung im ersten Akt, den Davide Dato als Basil mit seinem Werben und den Eifersüchteleien anreizte, blieb weitgehend unbeantwortet.DonQuixote Toeroek

Der Prolog, in dem Don Quixote gegen seinen Schatten kämpft und sich von Sancho Pansa (François-Eloi Lavignac) zum Ritter schlagen lässt, geriet zum Klamauk. Zsolt Török als der Mann von La Mancha findet bis zum Schluss seine Rolle nicht und torkelt mehr oder minder tollpatschig durch den Abend. Don Quixote mag zwar eine kleine Tanzpartie sein, hat jedoch eine zentrale dramaturgische Funktion. Anna Beke beschreibt ihn im Programmheft als „Nurejews Alter Ego“, Marius Petipa benützte die Titelfigur, um auch inmitten des spanischen Ambientes eine Szene aus einem Ballet blanc einzufügen, wenn ihm im Traum die Dryaden erscheinen – hier wie immer untadelig Olga Esina als Königin der Geisterwesen und Ioanna Avraam als schelmischer Amor.

DonQuixote EsinaHervorstechend an diesem Abend waren Ketevan Papava als Straßenmädchen, Arne Vandervelde als  sprunggewaltiger „Zigeuner“ und Natalya Butchko als charmante Brautjungfer. Auch Jackson Carrol gelang es trefflich, den doofen Gamache, der Kitri ehelichen möchte, als reichen und reichlich blöden Adeligen zu zeichnen. Das Corps de ballet versprühte durchwegs Fiesta-Flair. Das war ein leutseliges Gewusel und Gewimmel, doch mit seinem temperamentvollen Einsatz machte das Ensemble technische Ungenauigkeiten wett. DonQuixote CarrollTL

Das Orchester unter der Leitung von Robert Reimer intonierte den Abend lautstark und mit übertriebenen Emphase. Nach dem anfänglichen „Klescher“ klang Ludwig Minkus‘ Musik im Laufe des Abends aber zunehmend harmonisch. 

Insgesamt ist bei diesem „Don Quixote“ bis zur Fortsetzung der Serie im September also noch Luft nach oben. Das Publikum war dennoch augen- und ohrenscheinlich zufrieden und belohnte die Ausführenden mit frenetischen Akklamationen.

DonQuixote Vandervelde

 PS

In der nächsten Saison stehen neben „Don Quixote“ auch die Klassiker „Giselle“, „Dornröschen“ und „Schwanensee“ in der Staatsoper und „Coppélia“ in der Volksoper auf dem Programm stehen. Damit sollten die Tänzer*innen des Wiener Staatsballetts wieder zu ihrer Sicherheit wie vor der Pandemie zurückfinden. Bei „Don Quixote“ bleibt allerdings durch das Fehlen des „Traumpaares“ dieses Balletts (tanz.at berichtete) – Maria Yakovleva wechselte zum Staatsballett nach Budapest, Denys Cherevychko fällt zur Zeit verletzungsbedingt aus – allerdings eine Lücke, die aus den eigenen Reihen nur schwer zu füllen ist. 

Wiener Staatsballett: „Don Quixote“, Wiederaufnahme am 28. Juni 2023 an der Wiener Staatsoper. Nächste Termine: 14., 16., 22., 25., 29. September.

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