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AlleyneDance4Ja, es ist aufregend und aufwühlend, wenn eine Tanzaufführung auch für die Zuseherin zu einem körperlichen Erlebnis wird, wenn die Dynamik der Bewegung die Spiegelneuronen befeuert. So nach langer Zeit wieder passiert bei Alleyne Dance‘s „Far from Home“. Mit dieser abstrakten und doch gleichzeitig berührenden Verkörperung des Themas Migration bieten die Zwillingsschwestern ganz großes Tanzkino.

Für Kristina und Sadé Alleyne ist Tanz eine Ganzkörpersache („a whole-body thing), aber auch eine Community-Sache. Die Leidenschaft für ihre Kunstform manifestiert sich sowohl in sechs Ausnahme-Tänzer*innen (neben den Schwestern sind das Bryan Doisy, Giorgia Gasparetto, Juan Jesus Guiraldi und Iro Konti), als auch in den 15 ausgewählten Mitwirkenden, die beim Impulstanz-Festival für ihre kurzen Auftritte bis zur Perfektion geprobt haben. Mit ihrem explosiven Bewegungsstil aus Elementen unterschiedlicher Tanz- und Zirkustraditionen verwandeln sie das Theater in eine Erfahrungsraum über das Thema Migration.AlleyneDance1

AlleyneDance2Schiffstaue liegen auf dem Boden, einzelne Figuren tauchen auf, werden von anderen an den Seilen hochgezogen, die durch das ganze Stück hindurch ihre Funktion ändern, zu Reißleinen und Nabelschnüren werden, Schiffe und Schiffwracks symbolisieren, aus denen einige geborgen werden, während andere stranden. Auch in die Kostüme von Giulia Scimieri sind gedrehte Schnüre integriert. Eine Szene mit einer Art Bahnkonstruktion evoziert Colson Whiteheads Erfolgsroman „The Underground Railroad“ (Bühne: Emanuele Salamanca, Licht: Salvatore Scollo). Es sind flüchtige Momente, die Trennung, Überlebenskampf, Angst, Gefahr, aber auch Begegnungen und Wiedervereinigung darstellen. Attackierend, und dann wieder ganz zart, verkörpern die Tänzer*innen Szenen der Migration zu einem epischen Klangteppich, der die afrikanischen Musiktradition in einem theatralen Rahmen weiterspinnt mit Kompositionen von Nicki Wells und dem musikalischen Leiter Giuliano Modarelli.AlleyneDance3

Wenn in „Far from Home“ die Bewegungen durch die Körper perlen, kommt Pina Bausch‘ berühmtes Zitat: “Tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren” in den Sinn. Alleyne Dance setzt mit ihrem Ansatz nicht nur die Geschichte von „Dancing the Black Question“ (© Christy Adair) in Großbritannien vehement fort, sondern trägt ihn in die Welt, zuletzt mit einer Auftragsarbeit für die Martha Graham Dance Company in New York. Das Thema Migration ist Teil ihrer DNA und ihre Auseinandersetzung damit ist emotional aber niemals plakativ. 

Der Run auf die letzte der fünf Vorstellungen bei Impulstanz war groß. Sie endete mit standing ovations. 

Alleyne Dance: „Far from Home“ am 2. August im Odeon im Rahmen von Impulstanz.

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