Hineingeleitet zu werden unter das Keller-Ziegelgewölbe eines teilweise aus dem 16.Jahrhundert stammenden Altstadthauses, das, eingebettet in den uralten Fels des Stadtberges von Graz, ab Mitte des 19.Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg eine Theaterspielstätte war und beispielsweise Alexander Girardis erste Auftrittsmöglichkeiten geboten hatte – das ist bereits Besonderes.
Nicht selbstverständlich war es auch, dass sich für den in diesem Haus über zwei Stockwerke erstreckende Saal, der seit 1916 fast 100 Jahre als Tanzschule Verwendung fand, nach einem darauffolgenden Leerstand 2021 eine Wiederbelebung des Ortes als Theaterhaus initiiert wurde: von Alexander Kropsch von Theater Quadrat und Peter Ulrich, Leiter der soziokulturellen Initiative aXe. Nach längeren Verhandlungen begannen 2024 Renovierungsarbeiten und technische Adaptierungen des denkmalgeschützten Theaters; im Oktober desselben Jahres wurde offiziell eröffnet.
Dass am Beginn einer nunmehr geplanten durchgehenden Nutzung der Räumlichkeiten im Obergeschoß, die dem freien Theater allgemein – entsprechend gegebener Möglichkeiten – zur Verfügung stehen sollen, eine Produktion im wohl noch kaum jemals derart verwendeten, in ihrem Urzustand belassenen Kellerräumen stattfand, ist ein weiterer wenig alltäglicher, vielmehr bemerkenswerter Faktor. Diese Verortung des Musik-Theaters „Story of Stone“, einer kleinen „Oper“, die als Beginn eines neuen Werks gedacht ist, war Peter Ulrichs Idee; eine, die ganz wunderbar das Gesamtkonzept von Milica Vujadinovic (Komposition, Regie, Text u.a.) trug und einbettete, ihm zusätzliches Gewicht gab.
Ist diese kleine, aber umso beachtenswertere künstlerische Arbeit doch ein Hineinhorchen in die Tiefen verdeckter, vergessener, unbeachteter Vergangenheit. So fügt es sich stimmig, dass die Tänzerin Thora Hohberg nicht nur das Publikum hinunterführt in den letztlich tragenden und damit wesentlichen Untergrund des Hauses, des in einem solchen stattfindenden Lebens, sondern dass sie durch Bewegung, durch ihren Tanz – Leben ist Bewegung - diesen, und damit nachwirkend Vergangenes symbolisch zum Leben erweckt: in Gestalt zweier Statuen, überzeugend, ja berührend interpretiert von Teodora Ateljevic (Sopran) und Felix Heuser (Tenor),die erinnernd suchen und staunen über das, was über Jahrhunderte hindurch war und ein bisschen über das daraus entstandene, empfundene Jetzt; ja ein kleinwenig auch Zukünftiges suchen.
Es sind Gedankensprünge und emotionale Wellen, die durch das unbehandelte Gemäuer und entlang grobbehauener Steinwände gleiten: Das ewige Streben und Irren des Menschen künstlerisch verdichten; es wird gleichermaßen zart wie einprägsam spürbar: im Gesang der beiden und auch im gestisch-mimisch in Andeutungen Dargestellten. Und in der Musik-Interpretation von Paula Rosenberg (Geige), Isodora Bulatovic (Cello) sowie Milica Vujadinovic (E-Piano), die die Eigenwilligkeit zeitimmanenter und verunsicherter Reflexion nachvollziehbar transportiert.
“Story of Stone”, Premiere am 23. Otober 2024 im Theaterhaus, Kaiser-Franz-Josef-Kai 50, Graz