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ComeBackAgain1Doris Uhlichs Arbeit setzt sich mit Körperbildern vis à vis gesellschaftlicher Normen auseinander. In ihrer dritten Zusammenarbeit mit der mittlerweile 82-jährigen Ballerina Susanne Kirnbauer schafft sie wieder einen Raum, in dem der Körper in all seiner Vielfältigkeit gefeiert wird. Das Stück „Come back Again“ ist ein Werk, das leichtfüßig daherkommt und erst nach und nach die Sicht auf Wesentliches öffnet. 

Uhlich, bekannt für ihre unkonventionelle Herangehensweise an Tanz und Performance, bricht auch hier mit traditionellen Erwartungen. Die Choreografin scheut sich nicht, Tabus zu brechen und unangenehme Fragen aufzuwerfen. Die explizite Darstellung von Körpern, die oft unsichtbar gemacht werden, sowie die Thematisierung von Sexualität und Alterung sind mutige Schritte, die Diskussionen anregen. Dabei hat sie in Susanne Kirnbauer eine kongeniale Partnerin gefunden.ComeBackAgain5

Zwei Frauen: eine, die es im Formenkanon und der strengen Disziplin des klassischen Balletts zu Glanzleistungen gebracht hat; die andere, die in der experimentellen und ikonoklastischen Welt der Tanzperformance Regeln bricht und neue aufstellt. Sie begegnen einander auf Augenhöhe und finden zu einem konstruktiven Dialog. Denn beide sind in ihrer jeweiligen Art dem Tanz verfallen. Um ihn kreisen die Gedanken, das Leben. Nachdem sie bereits 2008 in SPITZE und 2012 “Come Back” – mit vier weiteren Kolleg*innen aus der Wiener Ballettcompangie – Balletterinnerungen neu verkörpert haben, tragen sie 12 Jahre später dem alternden Körper Rechnung: Die Entrechats der Danse d’école überträgt Kirnbauer nun von den Beinen in die Arme, die in der weißen Strumpfhose stecken. Gleichzeitig setzen ihr Habitus, ihr Kostüm und ihre Erscheinung das Alter außer Kraft. Es ist einfach nicht mehr wichtig.

ComeBackAgain2Für Susanne Kirnbauer ist es ein Leichtes, das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Als Erste Solistin des Balletts der Österreichischen Bundestheater an der Wiener Staatsoper (heute Wiener Staatsballett) hat sie weitaus größere Zuschauermengen bändigen müssen – auch wenn die Nähe der Zuseher*innen im brut nordwest eine ganz andere Herausforderung darstellt. Doch ob sie nun still beobachtend frontal zum Publikum sitzt, als Diva im langen, rosa Plüschmantel mit ihm flirtet, mit der Stange kämpft oder die Pose des Sterbenden Schwan über einem Riesen-Tutu einnimmt: wir folgen ihr willig und gerne. ComeBackAgain3

Die zuletzt erwähnte Szene dient auch der perfekten Überleitung für eine Konversation zwischen den beiden Frauen, die da Anekdoten aus ihrem Leben ausgraben, etwa das Problem mit Requisiten (Kirnbauer) oder mit Zu- und Abnehmen (Uhlich). Oder den Widerspruch, den die klassische Tänzerin nie gelernt hat, nun aber gegenüber der Choreografin sehr wohl geltend macht. (Freilich, nach ihrer Bühnenkarriere hatte Susanne Kirnbauer auch als Choreografin und Leiterin des Volksopernballetts gelernt, das Heft in die eigene Hand zu nehmen.)

ComeBackAgain4Es sind diese gemeinsamen Momente auf der Bühne, die uns teilhaben lassen an einer besonderen Freundschaft, eine die aus dem Gegensatz Gemeinsames sucht. Und diese beiden Frauen finden es – im Tanz wie im Gespräch. Welch großartige Leistung in einer Zeit, in der das Trennende die dominante Größe in der Gesellschaft ist! 

Doris Uhlich: "Come back Again", Premere am 12. Februar im brut nordwest. Letzte Vorstellung am 16. Februar.

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