Schon die Jahresabschlussarbeiten der Tanzstudierenden der Jahrgänge Eins bis Drei, gezeigt vor einigen Wochen im MUK-Theater, waren choreographisch-tänzerische Leckerbissen. Die Abschluss-Show des Vierten Jahrganges wurde zu einem künstlerischen Gourmet-Menü.
Im MuTh zeigten die Studierenden des Abschlussjahrganges Zeitgenössischer und Klassischer Tanz der Fakultät Darstellende Kunst-Tanz (Leitung Nikolaus Selimov) an der Musik und Kunst Privatuniversität Wien wahrlich beeindruckende Arbeiten. Unter dem Motto und Titel „Articulation“ traten Clarissa Beisteiner, Elias Habegger, Gina Remund, Magdalena Schütz, Michael Volt und Zoe Wagner auf.
Sie alle waren auch mit beteiligt an den choreographischen Kreationen von Ester Balfe und Manfred Aichinger (beides MUK-Lehrende) sowie Veza Maria Fernandez und Alberto Cissello, die als Gastchoreographen mitwirkten.
Jedes der vier gezeigten Stücke und jede/r der sechs Tanzenden bot höchstes Niveau: manchesmal mitschwingend die jugendlich-sympathische Un-Sicherheit, aber immer gesetzte Schritte, fantastische Moves, immer wieder auch Witz und Ironie – Tugenden, die selbst bei den Arrivierten allzu selten zu erleben sind.
Und auch wenn sie es durchaus könn(t)en: Die Grenzen zur Akrobatik wurden von allen knapp, aber genau, eingehalten – auch das erfreulich gegen einen Trend, der Zeitgenössisches immer wieder und öfter in Zirkusnummern abgleiten lässt.
Das Vokabular der Tänzer*innen ließ keinen Zweifel offen: sie haben vier erfüllte und erfüllende Lehrjahre hinter sich, in denen immer auch Platz für Individualität blieb. Anders wären die starken Charaktere nicht erklärbar.
Die schöne Aussicht: die jungen Künstler*innen haben Tanz verstanden und sind gleichzeitig schon in der Umlaufbahn für Kreatives, Neues.
Die vier Stücke
„Labour of Love“ in der Choreographie von Esther Balfe bot den feuerwerksartigen Start der Veranstaltung. Räumliche Bilder der Beziehung/Nichtbeziehung, des Zusammen-/Auseinandergehens. Dazwischen Persiflagen klassischen Balletts, quirlig und humorvoll.
„when a suspension comes…“, choreographiert von Alberto Cisello, will die Spannung als performatives Element zeigen. Die erste Hälfte des Stückes mit ihren Slapstickelementen legt die Bezeichnung „Ballett mit zwei Sitzbänken und Wasserflasche“ nahe, während der zweite Teil an Spannung (!) verliert, aber auch nicht entspannend wirkt.
„When I can`t sleep the only thing I hear is my heartbeat“, kreiert von der Künstlerin Veza Fernandez, stellte sich als das schwierigste, weil intimste Stück dar. Erst sektenhaft gruppiert, dann durchbrochen durch Mikrofon-Wortbrocken, den Abwurf von Überkleidern und Schuhen, paarweise Verschmelzungen, Schuhe und Füße als Telefonapparate. Bunt und aufregend.
„Run, Run, Run“ unter der Gesamtleitung von Manfred Aichinger, besticht durch großartige und präzise Nutzung der Raumebenen und somit höchst beeindruckender Bodenarbeit. Die Welt explodiert als Vulkan.
Die Musiken sind überwiegend stimmig – von Ben Frost bis Bach ist alles vertreten, die teilweise eingesetzten Texte wären vielleicht besser durch abstrakte Wortfetzen ersetzbar, weil ohnehin nicht verständlich.
Was abschließend, vielleicht krönend, zu sagen wäre: mit den sechs Youngsters könnte man aus dem Stand eine Kompanie schaffen. Und den Leuten vom MUK gratulierend Kusshände zuwerfen.