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jmaileObwohl der künstlerische Leiter für Tanz und Theater im WuK, Johannes Maile, als Regisseur eher fürs Theater schwärmt, räumt er Tanz und Performance einen guten Platz im Währinger Werkstätten- und Kulturhaus aus. Nach der Eröffnung mit Toxic Dreams erntete Roderich Madl mit „Dark“ frenetischen Applaus.

Die klug konzipierten und meistens sehr unterhaltsamen Produktionen von toxic dreams  und Madls hervorragende Choreografie können beispielhaft für das abwechslungsreiche, oft sogar aufregende und immer überraschende Programm des WuK stehen, auch wenn der Chef, der Abteilung Theater/Tanz, Johannes Maile, eher die Kunst der sanften Überredung als die des Kriegführens beherrscht. Sanft eroberte auch die Performancesparte in der ehemaligen Maschinenfabrik am Alsergrund.

Johannes Maile, geboren 1976 in Mannheim, hat Wien durch sein Regie-Studium am Max-Reinhardt-Seminar kennen gelernt. Mitten im Studium zog es ihn in die Welt hinaus. Er landete nach einem Umweg über Südamerika in Israel, wo er die wahre Liebe kennen lernte. In Tel Aviv sesshaft zu werden, hätte ihm gefallen, doch das Studium rief ihn nach Wien und weil der 1. Sohn bereits auf der Welt war, übersiedelte die ganze Familie. Johannes studierte und verkaufte im Call Center Zeitungsabos, seine Frau lernte Deutsch; der Sohn lernte Deutsch und Hebräisch.

Eine Leitungsfunktion hat Regisseur Maile gar nicht angestrebt, eigentlich wollte er vor allem Regie führen, zugunsten der Familie aber auf das Umherreisen verzichten. „Da schränken sich die Möglichkeiten schon sehr ein. Als der Posten des künstlerischen Leiters frei wurde, drängte mich ein Freund, mich doch zu bewerben.“ Und schon musste der reisende Regisseur sesshaft werden. Was ihn aber nicht zum Sesselkleber macht, kleine Ausflüge gönnt er sich immer wieder. Nahezu gleichzeitig mit der Saisoneröffnung im Heimathaus, hat Maile auch eine Premiere in Linz zu feiern. Im Theater Phönix hat er die „Orestie“ von Aischylos inszeniert. „Und bearbeitet. Man kann heutzutage doch nicht blauäugig die Demokratie feiern.“

Dass er als Regisseur nach Westen ausweichen muss, liegt für ihn auch daran, dass „Wien doch eine Tanzstadt ist.“ Und so bevorzugt er auch Tanz und Performance in der Programmierung. „Theater gibt es in Wien genug. Und das WuK hat eine lange Tradition, Größen der Tanzszene wie Saskia Hölbling, Willi Dorner, Bertl Gstettner oder Sebastian Prantl sind bei uns aufgetreten und tun dies auch heute noch.“ Längst wird im WuK internationale Küche serviert. Internationale Gäste bringen Farbe und frische Luft ins Programm. Vernetzung und Kooperation liegt Maile am Herzen, gern würde er auch selbst produzieren, „doch dazu ist das Budget zu knapp, wir können nur ermöglichen.“

Was macht das WuK, nicht gerade ein Palast, so attraktiv für Künstlerinnen und Künstler aus nah und fern? „Die Leute, sowohl die auftretenden als auch die zuschauenden, fühlen sich wohl bei uns. Das ist auch für mich ganz wichtig“, erklärt der Chef, dessen Türe immer offen steht. „Wir sind kein Amt, alles wird ganz unkompliziert geregelt.“ Klar sucht er das Programm auch nach persönlichen Präferenzen aus, „aber es muss mir nicht alles gefallen. Ich muss vor allem die Menschen mögen und will eine gewisse Kontinuität wahren.“ Für die Frage nach den Grundlagen seins Programms hat er sich einen Satz  zurecht gelegt, den er nicht ohne Lächeln aufsagen kann: „Was verbindet, ist eine Ästhetik der Widerspruchsproduktion, die das Disparate und Unvereinbare zum Gestaltungsprinzip erhebt.“ Harmoniesucht kann Johannes Maile nicht nachgesagt werden. Was er gar nicht mag: „Wenn das Publikum für dumm verkauft wird.“

Recht zufrieden ist er aber mit dem Weg, den der Tanz seiner Erfahrung nach nimmt: „Theater und Tanz wachsen immer mehr zusammen. Es gibt in Wien auch mehr gute Choreografinnen als Regisseure. Ich sehe auch, dass die Leute nicht mehr bereit sind, sich nur auf den Körper zu reduzieren. Der reine Ausdruck des Körpers spielt fast keine Rolle mehr, sie brauchen auch die Sprache. In Tanz und Performance hat der Körper auch seine Rolle als Kunstobjekt verloren, im Mittelpunkt steht jetzt der alltägliche Körper in seiner Bewegung. Das versteht auch das Publikum besser, es kommt ja auch mit seinem Alltagskörper.“ Den darf es im Frühjahr wieder ins sprudelnde Bad des Whirlpools tauchen, beim 2. „Jacuzzi“-Festival, einer bunten schrägen Mischung aus Performance, Konzerten und Party. Zum Saisoneröffnung aber ließ Maile sein Programm kontrollieren. „This is not WUK?“ heißt die Serie, in der Super Nase & Co die neue Spielsaison unter eine surrealistische Lupe nimmt. Dabei sollen „die ästhetisch-künstlerischen Ansprüche des Publikums so reduziert werden, dass keine Kritik mehr möglich ist.“ Aber Party danach ist immer möglich.

www.wuk.at/

Mit freundlicher Genehmigung von Die Presse / Kultur Spezial