Ihre Offenheit für Neues hat Liz Kings Karriere als Tänzerin, Choreografin und künstlerische Leiterin vestimmt. Ihr neuestes Projekt ist die Cie.D.ID für sieben junge TänzerInnen, die am Anfang ihrer Laufbahn stehen und ihre Qualität in technisch herausforderndem Tanz auf einer Österreich-Tournee beweisen können.
Als sich das TanztheaterWien 2003 aufgrund von Geldmangel auflöste, entstand in der österreichischen Tanzszene eine große Lücke. Denn Liz Kings TanztheaterWien (das als Ballett der Wiener Volksoper von 1999 bis 2003 ein ambitioniertes, zeitgenössisches Tanzprogramm erstmals in einem Wiener Opernhaus präsentierte) war das einzige Ensemble, das seine TänzerInnen das ganze Jahr über beschäftigte. Mit einer Mischung aus Neoklassik und Tanztheater unter Einbeziehung neuester Trends setzte diese Compagnie auf technisch anspruchsvollen Tanz und bestens ausgebildete TänzerInnen.
Nun beginnt Liz King nochmals neu, mit der Cie.D.ID, die von 17. November bis 4. Dezember auf Österreich-Tournee ist.
„Es war ein Vorschlag von führenden Personen aus dem Bundesministerium für Kunst, da man das Gefühl hat, dass in Österreich immer bessere Tänzer ausgebildet werden und es leider keine Compagnie gibt, die wirklich Ensemble-Arbeit leistet, bei der die Tänzer ihr technisches Können - das sie alle haben, wenn sie eine Schule oder Tanzuniversität verlassen - wirklich ausüben können und auch bezahlt werden“, sagt King in ihrem charmanten, englisch akzentuierten Deutsch. „Es gibt ein paar Studentencompagnien, in denen das gemacht wird, aber eben nicht auf bezahlter Basis. Ich habe so viel Erfahrung mit Tanzcompagnien und man hat mich also gefragt: ‚Warum machen Sie nicht wieder eine Compagnie?’ Ich habe lange überlegt, und ich sehe dieses Jahre als Incentive. Was wir jetzt machen, ist der Versuch einer Compagnie. Wir können das leider nur einmal im Jahr machen, aber vielleicht ermutigt das ja dazu, eine moderne, zeitgenössische Tanzcompagnie für etwa acht bis zehn Tänzer zu etablieren, damit die in Österreich ausgebildeten Tänzer auch hier Jobs bekommen.“
Mit dem Ausbildungsstandard junger Tänzerinnen ist die an der Royal Ballet School ausgebildete, ehemalige Balletttänzerin (Stuttgarter Ballett, Ballet Royal de Wallonie) mit dem scharfen Auge für Tänzertalente sehr zufrieden: „Es gibt staatliche Universitäten, in denen die Tänzer immer besser werden. Die Ausbildungen sind wirklich ausgezeichnet.“ Und so fand sie ihre Tänzerinnen am Bruckneruniversität Linz und an der Wiener Konservatorium Privatuniversität. „Ein junger Tänzer ist Absolvent der Tanzuniversität in Philadelphia, der andere Tänzer ist aus Ungarn, weil ich hier nicht genügend Männer gefunden habe, die für diese Compagnie geeignet waren. Einige waren bereits für andere Projekten verpflichtet.“
Bei Liz Kings Arbeit steht immer der Tanz im Mittelpunkt und das wird auch bei der Cie.D.ID nicht anders sein: „Nächstes Jahr werde ich zwei bis drei jüngere ChoreografInnen einladen und die Aufgabe wird lauten: ein Tanzvokabular, Tanzbewegung zu kreieren. Natürlich entwickelt sich die Tanzsprache ständig weiter, denn der Mensch und die Gesellschaft ändern sich, aber es muss körperlich sein, getanzt.“
Für den Start hat King auf eine eigene Choreografie zurückgegriffen. Im Probenverlauf hat sich dieses Stück jedoch grundlegend verändert, erklärt sie: „Was ich von dieser Produktion haben möchte, ist die technische Herausforderung. Aber ich habe dann den Tänzern völlig neue Aufgaben vorgegeben. Ich bin bei der Aufgabenstellung von der ursprünglichen Choreografie, die damals ‚Ikarus meets Newton’ hieß, ausgegangen. Das Spannende war, dass die Tänzer anhand dieser Aufgaben die choreografischen Phrasen selbst erfunden haben. Jetzt heißt es ‚Ikarus & Newton’ und es ist ein neues Stück.“
Eine Tournee in Österreich auf die Beine zu stellen, ist keine einfache Sache, auch wenn Liz King allseits bekannt und mit dem TanztheaterWien in allen Spielstätten, die Tanz im Programm haben, mehrmals gastiert hat. „Von den herkömmlichen Spielstätten habe ich mehr erwartet. Über das bekundete Interesse ging es aber nicht hinaus. Außer das republic in Salzburg, das sofort seine Unterstützung zusagte. Was mich dabei wundert: Es geht ja nicht um mich. Es geht um junge Tänzer und ihre hohe Qualität und um die Chance, das zu zeigen. Jedenfalls musste ich ganz neue Spielstätten suchen. In Innsbruck habe ich im Theater die monopol einen tollen Partner gefunden. Und dann geht’s ins Burgenland, wo man mich sowieso toll unterstützt.“
Der Name der vom Bund und vom Land Burgenland geförderten Cie.D.ID 2005 leitet sich von dem Tanzzentrum ab, das King 2005 gemeinsam mit Manfred Biskup (1943-2010) im Burgenland etablierte, einem Bundesland, das bis dahin mit Tanz (vor allem moderner Prägung) kaum in Berührung gekommen war: D.ID – Dance Identity ist vielfältig tätig: Im OHO, dem Offenen Haus Oberwart finden jedes Jahr die Burgenländischen Tanztage statt, bei denen auch Liz King immer wieder eigene Arbeiten mit jungen TänzerInnen vorstellt. In Pinkafeld wurde eine alte Fabrik in ein Studio mit angrenzenden Apartments für ein artist-in-residence-Programm umgebaut. Das ganze Jahr über – „es gibt keine Woche, in denen nicht jemand im Studio arbeitet“ – nützen TänzerInnen und ChoreografInnen die ländliche Ruhe für ihren kreativen Prozess. Viele der in Wien gezeigten Arbeiten entstanden dort, etwa „Here Comes the Crook“, das in dieser Woche auch im Tanzquartier Wien im Rahmen der Serie „Feedback“ erneut zur Aufführung kommt. Auch Georg Blaschke ist immer wieder in Pinkafeld auf Arbeitsbesuch und hat dort auch ein Solo für Liz King kreiert.
„Burgenland ist zunehmend stolz auf D.ID, weil wir auch so viel in Schulen arbeiten. Viele der Künstler, die bei uns artist in residence sind, arbeiten zwei bis drei Wochen mit SchülerInnen und die LehrerInnen reißen sich um dieses Angebot. Und darauf bin ich stolz.“
Cie.D.ID „Ikarus & Newton“ auf Tournee von 17. November bis 4. Dezember. Hier geht’s zu den Terminen in die monopol Innsbruck, Joseph-Haydn-Konservatorium Eisenstadt, Kulturzentrum Güssing, republic Salzburg und OHO Oberwart