Nach der Saison ist vor der Saison: Die Pläne der Ballettchefs sorgen für ein vielseitiges Programm auf den Bühnen der Bundes- und Landestheatern. In Wien tanzt das Wiener Staatsballett in der Staatsoper und in der Volksoper wieder ein umfangreiches Repertoire. Im Theater an der Wien gastiert erstmals das Norwegische Nationalballett. In beiden Häusern hat man auch für die Oper interessante choreografische Persönlichkeiten geholt.
Das Wiener Staatsballett konzentriert sich beim Premierenreigen in der Staatsoper auf mehrteilige Programme und stellt dabei auch interessante junge Choreografen vor. Daniel Proietto, vor allem als Ausnahmetänzer bekannt, (etwa in Cherkaouis „Faun“) erhielt von Ballettchef Manuel Legris den Zuschlag für ein Auftragsarbeit. Seitdem der Argentinier 2007 beim Internationalen Wettbewerb für Choreografen in Hannover ausgezeichnet wurde, ist er auch zunehmend in dieser Rolle gefragt. In Wien wird er sich mit den weißen Akten des romantischen Balletts auseinandersetzen: „Blanc“ mit Musik von Mikael Karlsson und Frédéric Chopin und einem Text des Norwegers Alan Lucien Øyen, der nicht nur Autor, sondern auch selbst Choreograf und Regisseur ist. „Murmuration“ von Edwaard Liang ist ein weiterer Programmpunkt in diesem Dreiteiler, der mit Balanchines „Symphonie in C“ eröffnet wird. Im Gegensatz zur geometrischen Neoklassik des Altmeisters, lässt sich Liang von den organisch fließenden Formen von Vogelschwärmen inspirieren. Der ehemalige Tänzer des New York City Ballet (mit einem Ausflug an den Broadway) begann seine tanzschöpferische Laufbahn 2003 beim Nederlands Dans Theatre, bei dem er ein Jahr zuvor als Tänzer engagiert worden war. Seither wurden die Kreationen des nunmehrigen künstlerischen Leiters von BalletMet in Columbus, Ohio, mehrfach ausgezeichnet. (Premiere am 1. November 2016). Proietto und Liang, werden übrigens bei der Nurejew Gala zum Abschluss der laufenden Saison bereits ihre Visitenkarten abgeben.
Auch in der kommenden Saison gibt es Zugaben vom Hamburger Ballettchef John Neumeier. Zwei Rekreationen des Nijinsky-Spezialisten aus dem Repertoire der Ballets Russes und gleichsam Meilensteine in der frühen Ballettgeschichte des 20. Jahrhundert, stehen auf dem Programm: „Le Pavillon d’Armide“ und „Le Sacre“. Premiere ist der 19. Februar 2017. Die dritte Premiere der Saison bildet die vom Wiener Ballettchef eingeführte und mittlerweile schon traditionelle „Nurejew Gala“ am Ende der Saison. (29. Juni 2017).
Übrigens ist die Zauberin „Armide“ auch Mittelpunkt der Oper von Christoph Willibald Gluck, die am 16. Oktober 2016 in der Wiener Staatsoper zur Premiere kommt. Die tänzerische Barockoper wird von Ivan Alexandre inszeniert und von Jean Renshaw choreografiert. Es spielen Les Musiciens du Louvre unter der Leitung von Marc MInkowski.
Nach längerer Abwesenheit kommt „Raymonda“ in der Fassung von Rudolf Nurejew wieder ins Repertoire des Wiener Staatsballetts (Wiederaufnahme am 22. Dezember 2016). Selbstverständlich findet sich Manuel Legris’ erfolgreiche Inszenierung von „Le Corsaire“ ebenso wieder auf dem Spielplan wie „Schwanensee“ seines Mentors Nurejew. Mit „La fille mal gardée“ und „Onegin“ sind zwei weitere beliebte Abendfüller im Programm. Die Dreiteiler „Van Manen | Ekman | Kylián“ und „Thoss | Wheeldon | Robbins“ sind ebenfalls wieder in der Wiener Staatsoper zu sehen.
In der Volksoper hat am 13. November „Cendrillon“ von Thierry Malandain Premiere, der bereits mit „Mozart à 2“ einen erfolgreichen Einstieg beim Wiener Staatsballett im Haus am Gürtel gab. Seine Aschenbrödel-Version entstand zur Musik von Sergei Prokofjew. Strawinski beherrscht den Dreiteiler aus „Der Feuervogel“, „Petruschka“ und „Movements to Stravinsky“ von den Staatsballett-Tänzern und choreografischen Talenten Andrey Kaydanovskiy, Eno Peci und András Lukács (Premiere am 28. April 2017). Weiterhin werden „Die Schneekönigin“ von Michael Corder, „Giselle Rouge“ von Boris Eifman und „Carmina Burana“ mit Choreografien von Boris Nebyla („Nachmittag eines Fauns“), András Lukács („Bolero“) und Vesna Orlic („Carmina Burana“) getanzt.
Statt der Abschlussmatinee zum Schuljahresabschluss wird die Ballettakademie der Wiener Staatsoper ab nun ihre Auftritte in der Agrana Studiobühne Walfischgasse haben. Von 17. bis 21. Dezember finden die Tanzdemonstrationen statt, von 8. bis 11. Juni wird „Till Eulenspiegel … und lustige Streiche“ gezeigt. Die sinfonische Dichtung von Richard Strauss wird mit neuen Werken für die Studierenden der Ballettakademie ergänzt.
Der Ballettbeitrag am Theater an der Wien ist in der kommenden Saison „Carmen“ in der Umsetzung des Nachwuchschoreografen beim Royal Ballet London, Liam Scarlett. Trotz des strengen neoklassischen Stils schafft er es Liebe, Tod und Leidenschaft brodelnd in Szene zu setzen, und wird außerdem für seine Musikalität geschätzt. Dementsprechend hat er Bizets „Carmen“ mit Ausschnitten aus anderen Musikstücken des Komponisten, darunter „L’Arlesienne“ ergänzt. Es tanzt das Norwegische Nationalballett und es spielt das Wiener Kammerorchester. (9. bis 11. April 2017)
Am 3. und 4. April sind außerdem Studierende der Ballettschule des Norwegischen Nationalballetts involviert. Die Regisseurin Marit Moum Aune hat zusammen mit der jungen Choreografin Cina Espejord Henrik Ibsens Drama „Gespenster“ als getanztes Theater inszeniert.
In der Opernproduktion „Don Giovanni“ zeichnet der jetzige Ballettchef des Gärtnerplatz-Theaters München, der Wiener Karl Schreiner, für die Choreografie verantwortlich. Die Inszenierung von Keith Warner ist eine Neueinstudierung der Theater an der Wien-Produktion aus dem Jahr 2006 zum 10-Jahres-Jubiläum des Theaters in seiner heutigen Form. Premiere ist am 12. Dezember, Dernière die Silvestervorstellung am 31. Dezember 2016.
Die Semi-Opera „The Fairy Queen“ von Henry Purcell, üblicherweise eine Mischung aus Arien, gesprochenen Dialogen und Tanz, ist eine Neuproduktion des Theater an der Wien, bei der die Regisseurin Mariame Clément allerdings auf die Mitarbeit einer Choreografin verzichtet (Premiere am 19. Jänner).
In der Kammeroper, der Talenteschmiede des Wiener Opernhauses, agiert hingegen die Choreografin von „Armide“ Jean Renshaw als Regisseurin: „Die Schule der Eifersucht“ von Antonio Salieri mit dem Jungen Ensemble des Theater an der Wien hat am 18. Mai 2017 Premiere.