Am 6. Dezember wird die neue Spielstätte der Wiener Staatsoper am Karlsplatz eröffnet. Staatsopern-Direktor Bogdan Roščić nennt sie gar “Neue Staatsoper”, was sich sehr nett zu NeSt abkürzen lässt, ein einladendes Akronym für ein ambitioniertes Programm für ein junges Publikum. Bereits die erste Saison bietet “mehr Ur- und Erstaufführungen als je in einer Saison in der über 150-jährigen Geschichte des Hauses am Ring”, sagt der Direktor.
Ab1989 wurde das Theater im Künstlerhaus als dietheater von der Wiener Freien Theater- und Tanzszene bespielt, 2007 wurde daraus “brut Wien” und dieses residierte hier bis 2019.
Nun ist es – nach der Transformation des Künstlerhauses in die Albertina Modern und Ausstellungsräume der Künstlerhaus-Vereinigung – also eine neue Spielstätte der Wiener Staatsoper für zeitgenössische Werke und ein junges Publikum in coolem Design. Roščić begreift das Angebot für junge Menschen als Auftrag, und nicht als Mittel zum Zweck, etwa um neues Publikum für die Oper heranzuziehen. Nach halbherzigen Lösungen wie das Zelt am Dach der Wiener Staatsoper oder die Einmietung im Theater in der Walfischgasse steht nun ein hochprofessionell ausgestattetes Theater zur Verfügung
Für den Umbau hat man weder Geld noch Mühe gescheut, um den “Französischen Saal” auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Es gibt eine Klappdeckelbühne mit 38 Öffnungen für Theatermagie aus der Unterbühne und aus einem Schnürboden von oben. Orchestergraben und Bühnenraum können für eine größere Spielfläche zusammengeführt werden. Auf der steil ansteigende Tribüne gibt es 248 Sitze und drei Rollstuhlplätze, alle mit bester Sicht. Und diese kann man pro Vorstellung zu einem Preis zwischen 10 und 37 Euro (Normalpreis ohne Ermäßigung) erwerben.
Der Großteil der Baukosten von 25 Millionen Euro werden von der Haselsteiner Privatstiftung, die auch Mehrheitseigentümerin des gesamten Künstlerhauses ist sowie von der STRABAG gedeckt; das BMKÖS steuert 5 Millionen bei. Die Staatsoper zahlt für ihre neue Spielstätte keine Miete und von den 2,5 Millionen Budget für den laufenden Betrieb werden 1,8 Millionen aus dem Freundeskreis der Wiener Staatsoper gedeckt.
Das NeSt ist für Roščić “Ausdruck einer Lust neue Dinge auszuprobieren”, Dinge von hoher Qualität, wie er auf einer Pressekonferenz zum Abschluss der Saison 2023/24 ausführte. Dafür sorgt unter anderem das Bühnenorchester der Wiener Staatsoper, das bei den Produktionen mitwirkt. Das NeSt wird dabei ein eigenes Profil entwickeln und “nichts , was in der Stadt passiert, verdoppeln”. Und so sind die Produktionen im NeSt, die en suite gespielt werden, eher ein Kontrast- als ein Parallelprogramm zum Haus am Ring.
Die erste Saison bringt fünf zeitgenössische Opern / Musiktheater-Uraufführungen. Die erste, “Sagt der Walfisch zum Thunfisch” von Thierry Tidrow in der Regie von Sara Ostertag hat am 7. Dezember Premiere. Noch einmal Meerestiere, diesmal “Elektrische Fische” mit Musik von Hannah Eisendle und Text von Krysztina Winkel stehen ab 15. Februar auf dem Programm. Ab 13. Dezember wendet sich der immersive Opernabend “Nestervals Götterdämmerung” an ein Publikum ab 16 Jahren.
Auch Ballettchef Martin Schläpfer ist am Spielplan vertreten und wird am 26. Jänner seine Version von Sergej Prokofjews “Peter und der Wolf” für die Jungedkompanie der Ballettakademie und mit dem Bühnenorchester der Wiener Staatsoper zur Uraufführung bringen.
Ein weiteres Highlight ist die “glitzernd-glamouröse Musiktheater-Rebellion” von Gaye Su Akyol mit dem Titel: “Consistent Fantasy is Reality”. Das Programmheft verspricht: “In Gaye Su Akyols Musik treffen Post-Punk, Grunge und psychedelischer Surf-Rock auf türkische Klassik und anatolische Volksmusik.” Die Needcompany unter Ian Lauwers bringt Maarten Seghers “Lee Miller in Hitler’s Bathtub” ab 1. Juni ins NeSt. Es handelt sich dabei um eine Kammeroper “für zwei Frauen und ein paar unwichtige Männer”.
Insgesamt stehen in der ersten Saison etwa 100 Veranstaltungen auf der Bühne sowie 80 Workshop-Angebote auf dem Programm. Die Tanz- und Opernlabore zeigen die Ergebnisse ihrer Arbeit mit Jugendlichen, Die Ballettakademie präsentiert am 5. und 12. April 2025 “Mein erstes Dornröschen” in der Choreografie der Leiterin Christiana Stefanou. Es gibt ein umfangreiches und abwechslungreiches Outreach-Programm mit Musik- und Tanzveranstaltungen zum Zuhören, Mitreden oder Mitmachen, zum Beispiel bei Georg Nigls Opernquiz oder bei Willi Dorners höchst unterhaltsamer “Tanzkaraoke” am 11. Jänner und am 11. April 2025.