Sir Simon Rattle, künstlerischer Leiter der Berliner Philharmoniker, und der Choreograf Royston Maldoom haben 2004 mit dem Film „Rhythm is it!“ das Konzept des Community Dance in Deutschland und Österreich mit einem Paukenschlag bekannt und populär gemacht.
Rattle hatte mit dem „Education Programme“ eine für Top-Orchester damals unübliche Initiative gesetzt, die die Hochkultur aus ihrem elitären Kreis herausholte und einem jungen und bislang kulturell weitgehend ungebildeten Publikum Zugang zu den musikalischen Meisterwerken eröffnete. Wie können sie diese besser erleben, als wenn sie eine direkten körperliche Erfahrung damit machen? Und wer könnte sie dazu besser motivieren und anleiten als einer der Pioniere der Community Dance Bewegung in Großbritannien, der Choreograf Royston Maldoom?
Allein die Konzeption diese ersten gemeinsamen Events, dem seither eine Reihe weiterer Projekte mit den Berliner Philharmonikern folgte, ist exemplarisch für die Philosophie und den Ansatz, den Royston Maldoom verfolgt und nun in seiner Autobiografie niedergeschrieben hat.
Obwohl er choreografische Themen oft aus dem soziokulturellen Umfeld seiner Tänzergruppe wählt, versteht er seine Arbeit nicht als Therapie. Sie mag therapeutisch wirken, weil sie Menschen in Randsituationen in eine Position der Kontrolle und Eigenverantwortung bringt und daher Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen stärkt. Im Mittelpunkt steht bei Royston Maldoom aber immer der künstlerische Akt.
„Tanz und dein Leben“ beschreibt die Entwicklungsgeschichte des Community Dance anhand der persönlichen Biografie des Autors, der zwischen seine Lebenskapitel, Abschnitte mit Reflexionen über seine Arbeit streut.
In seiner Arbeit geht es ihm darum, LaientänzerInnen den Zugang zur künstlerischen Arbeit zu vermitteln, sie in ihrer Kreativität herauszufordern, aber auch die „Ingredienzen“ des kreativen Prozesses wie Disziplin, Einsatz und Hingabe einzufordern.
Dieser sehr überlegte und gut artikulierende Künstler ist natürlich prädestiniert als Galionsfigur für eine Bewegung, die aus der Begeisterung für den Tanz geboren und im Laufe vieler Jahre zu einer nachhaltigen Entwicklung wurde. Maldoom wirkte dabei vor allem in Schottland, London und seit relativ kurzer Zeit in Deutschland – wo er allerdings seine öffentlich wirksamsten Erfolge verbuchte - an vorderster Stelle mit.
Die besondere Anerkennung in Deutschland durch den Film „Rhythm is it!“ drängt den Briten in eine Rolle, die er nicht erfüllen kann und will. „Für unsichere und schutzbedürftige Menschen hat vor allem der Film mich in die zweifelhafte Position eines Gurus erhoben ...“, analysiert der Choreograf in seinem Buch und stellt dieser „Anforderung“ seine Aufgaben und Fähigkeiten gegenüber – klar, präzise und „down to earth“.
Das Buch vermittelt den Eindruck eines sehr intelligenten Mannes mit großer Überzeugung und Durchsetzungskraft, der dabei immer mehr an der Sache (dem Tanz und insbesondere dem Community Dance) als an seiner Person interessiert war. In diesem gesunden Selbstbewusstsein schwingt wenig Eitelkeit mit und das macht dieses Buch zu einer spannenden Lektüre. In den theoretischen Betrachtungen über sein Lebenswerk vermittelt Maldoom aus dem reichen Schatz seiner Erfahrungen jene Argumente, die er in seiner jahrelangen Überzeugungsarbeit gegenüber Behörden und Geldgebern leisten musste. Und er übermittelt darin auch sein humanistisches Weltbild, das für diese Art der Arbeit eine notwendige Voraussetzung ist.
Ein kluges, lesenswertes und bereicherndes Buch und speziell für Tanz-Aktive in allen Sparten ein wichtiges Buch.
P.S.: Zusammen mit Jacalyn Carley hat Royston Maldoom auch ein Praxisbuch für Community Dance herausgebracht
Royston Maldoom: Tanz um dein Leben. Meine Arbeit, meine Geschichte
S. Fischer Verlag, Frankfurt / Main, 2010
ISBN: 978-3-10-047390-5
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