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GanglIconErika Gangl (1939-2000) war wohl die Leitfigur für den modernen Tanz in Linz. Mit ihrer Schule, ihren choreografischen Arbeiten, meist zu zeitgenössischer Musik, öffnete sie auch in der “Provinz” Türen für einen frischen Wind, der den Mief der Nachkriegzeit hinwegfegte. Dies war der Beginn für das heutige Linz, weltoffen und aufgeschlossen, künstlerisch und wissenschaftlich ganz vorne dabei – nicht nur im Tanz.

Die Tanzhistorikerin Andrea Amort war Gangl-Schülerin. Für ihre jüngste Publikation wurde sie von zwei Mit-Herausgegeberinnen unterstützt: Tanja Brandmayr, ebenfalls Schülerin bei Erika Gangl sowie Gerlinde Roidinger, die wiederum bei Ulrike Bauer, die in Gangls Studio als Tanzpädagogin tätig war, gelernt hat. Die drei liefern in dem Buch, das sie als "Versuch einer kritische Würdigung" konzipiert haben, die tragenden Kapitel.  

Gerlinde Roidinger verfolgt von Gangl ausgehend die Entwicklung des zeitgenössischen Tanzes in Linz bis heute. Andrea Amort bettet Gangls Schaffen in einen weiteren tanzhistorischen Kontext. (Hier trifft man zum Beispiel wieder auf Isolde Klietman, die Protagonistin der Film-Dokumentation “Auf der Suche nach Isolde” war.)

Im Schaffen der Erika Gangl spielt die Arbeit ihres Mannes, des Avantgarde-Musikers und Komponisten Alfred Peschek (1929-2015) eine entscheidende Rolle. Tanja Brandmeier beschreibt das Duo der Linzer Avantgarde in dem Kapitel “Die Tänzerin in Schwarz und der zornige junge Mann aus Linz und Umgebung”. 

Die Choreografin, Tänzerin und Gangl-Schülerin Marina Koraiman taucht in ihrem Beitrag in das künstlerische Universum der Choreografin Erika Gangl ein.

Beiträge zur Pionierin der Musik- und Tanzpädagogik stellen Erika Gangl als Tanzschulleiterin vor, deren Interesse über den Neuen Tanz weit hinausging. Bilder mit José de Udaeta, der wiederholt in ihrer Schule zu Gast war belegen ihre Fertigkeit im Spanischen Tanz. Ihr stilistisches Angebot umfasste auch Ballett, Historischen Tanz und Stepptanz. Für Karl Baumann war diese “interessante Mischung” seines initialen Tanzstudiums bei Erika Gangl “eine Sprosse” für seine internationale Karriere als Tänzer und Akrobat, unter anderen bei MOMIX und beim Cirque du Soleil.

Quasi als Einleitung zu den analytischen Beiträgen stehen Erinnerungen von Schülerinnen, manche umfassen nur einen knappen Paragrafen, andere ein paar Seiten. Einige von ihnen sind dem Tanz treu geblieben, haben ihre Karriere als Choreografin, Tänzerin, Performerin oder Tanzpädagogin oder Tanzhistorikerin verfolgt, andere erinnern sich an die Zeit mit Erika Gangl als einen prägenden Teil ihres Lebens. Zahlreiche Fotos und Abbildungen illustrieren die Beiträge und belegen die Einflüsse der Künstlerin auf ihre Nachwelt.Gangl

Eine umfangreiche Recherche ist der Uraufführung des computerakustischen Tanztheaters “Erdenklang“, einer Visualisierung der computerakustischen Klangsinfonie von Hubert Bognermayr und Harald Zuschrader bei der Ars Electronica 1982 gewidmet. So stöberte etwa ORF-Musikredakteurin Irene Suchy in den Archiven und transkribierte ein Interview mit Erika Gangl. Auch dazu gibt es auch eine umfangreiche Fotostrecke.

“Erika Gangl zu dokumentieren, braucht eine sorgfältige Spurensuche. Wenn Tanz, die vergänglichste aller Künste … in seiner Flüchtigkeit schwer zu dokumentieren ist, erst recht in Zeiten, als filmische Dokumentation noch eine schwerfällige Technologie war, dann braucht es Fotos, Partituren, Ton- und Filmdokumente und Rückschlüsse aus dem Werk der Zeitgenossen, um ihre Leistung, ihr Werk zu erschließen“, schreibt Irene Suchy. Zu Lebzeiten überließ Erika Gangl offenbar gerne das Feld ihrem Ehemann Alfred Peschek und wird bis heute in österreichischen Musiklexika, wenn überhaupt, als sein “Fortsatz”  gesehen. 

Die Publikation “Erika Gangl und der Neue Tanz” rückt dieses Bild nun zurecht. Das Herausgeber-Trio holt die Pionierin des zeitgenössischen Tanzes in Österreich wieder vor den Vorhang und rettet sie vor dem Vergessen. 

Das im Hollitzer-Veralg Buch wird im Rahmen von musikalisch-choreografischen Performances, die das künstlerische Vermächtnis von Erika Gangl und dem Komponisten Alfred Peschek thematisieren, and mehreren Orten vorgestellt. Tribute-Abende, die beim Festival ImPulsTanz in Wien starteten finden noch am 17. November im tanzRaum von netzwerkTanz in Dornbirn und am 2. Dezember im Kepler Salon & RedSapata in Linz statt. Das detaillierte Programm gibt es auf www.tanzland.at/erikagangl.

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Andrea Amort, Tanja Brandmayr, Gerlinde Roidinger (Hg.): "Erika Gangl und der Neue Tanz", Hollitzer Verlag, Wien, 2024

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