Schon wirft das sommerliche ImPulsTanz Festival seine Schatten voraus. Sie sind grell und bunt, poppig fallen sie auf die Bühne und die Filmwand. „False Colored Eyes“ ist der zweite Teil der Serie „Imploding Portraits Inevitable“ von Chris Haring /Liquid Loft und hat als Kooperation des ImPulsTanz Festivals mit dem Burgtheater am 29. April im Casino am Schwarzenbergplatz Premiere.
Bereits im ersten Teil der „Imploding Portraits“-Serie hat Haring auf das filmische Schaffen Andy Warhols zurückgegriffen und einen engen Zusammenhang mit dem heutigen Selbstdarstellungsdrang hergestellt. Jede und Jeder will ein Star sein und sei es nur mit einem verwackelten Foto auf Facebook.
Wie der Titel des ersten Teils, „Shiny, shiny …“, ist auch der Titel der Folge, „False Colored Eyes“, einem Song von Velvet Underground entnommen. Nicht nur Haring auch Sounddesigner Andreas Berger ist ein Fan der Rockband aus den frühen 1970er Jahren. Wie bei „Shiny shiny …“ stehen auf der Bühne neben den TänzerInnen (Luke Baio, Stephanie Cumming, Katharina Meves, Anna Maria Nowak, Arttu Palmio, Karin Pauer) auch zwei Kameras, die ihre Bilder live auf die Rückwand werfen. Das Publikum sieht quasi zwei Performances gleichzeitig, die tanzenden Körper real auf der Bühne und deren gefilmte Abbilder (vergrößert, angehalten, rückwärts gespult, verlangsamt, beschleunigt). Es entsteht der Effekt des Split Screen, der geteilten Leinwand, eine filmische Technik, die in den 1960er und -70er Jahren nicht nur von Andy Warhol (im Spielfilm „The Chelsea Girls“) angewendet worden ist. Schon 1927 hat Abel Gance mit seinem Film „Napoleon“ dem Publikum gleichzeitiges Geschehen synchron zeigt.
Fiim und Tanz. Überhaupt meint Haring, seien Tanztechniken und filmische miteinander verwandt. Alle Elemente, die den Bewegungsablauf im Film regeln, können auch auf den Tanz angewendet werden. Haring spielt aber nicht nur mit der Spannung zwischen realen Körpern und den Bildern an der Wand, auch die Stimme, weniger die Wörter oder Sätze, der PerformerInnen hat ihren Stellenwert. Sie ist ein Teil des Körpers und lässt die leisen Bewegungen hörbar werden.
Warhol nannte die Reihe von Performances und Happenings, die er 1966/67 mit Velvet Underground und der Sängerin Nico veranstaltete „Exploding Plastic Inevitable“. Das Ereignis auf der Bühne als schnell verglühende Explosion. Haring meint, dass der von den sozialen Medien eifrig geschürte („Zeig dich“, „Sag was“, „Was machst du gerade?“) Selbstdarstellungsdrang (schon nahezu ein Zwang), in sich selbst zusammenfallen muss. „Ich denke, früher oder später muss diese ganze Überforderung auch wieder implodieren.“
Einstweilen jedoch, hat Liquid Loft / Chris Haring noch genügend Material, um es zu zerlegen und neu zusammen zu setzen. Mit den Theorien und Recherchen, die der grell-bunten multimedialen Performance von Liquid Loft zugrunde liegen, muss sich die Besucherin nicht herum schlagen –hinsetzen, sich einlassen, schauen, hören, auch lachen, sich wundern, genießen genügt. Das Spiel der bewegten Körper mit ihren eigenen Bildern erklärt sich von selbst.
Liquid Loft / Chris Haring: "False Colored Eyes", Teil 2 der Serie "Imploding Portraits Inevitable". Premiere am 29. April 2015 im Kasino am Schwarzenbergplatz. ImPulsTanz Festival in Koproduktion mit dem Wiener Burgtheater.
Weitere Vorstellungen: 30. April 2015 sowie 05. – 09. & 12. + 13. Mai 2015.
Karten an den Bundestheaterkassen oder online.