Ein wahres Fest des Tanzes hat das Linzer Landestheater mit Gästen aus Graz, Innsbruck und Salzburg im neuen Musiktheater Volksgarten bereitet. Unter der organisatorischen Leitung von Fabrice Jucquois haben österreichische Ballettkompanien einen Einblick in die bunte Vielfalt der österreichischen Tanzlandschaft gegeben. Das Wiener Staatsopernballett war, ebenso heftig beklatscht wie die KollegInnen aus den Landeshauptstädte, durch Dagmar Kronberger und Eno Peçi vertreten.
Eine Gala mit ihren vielfältigen Programmpunkten kann zwar das Publikum durch Effekte und Bravour begeistern, ist aber keineswegs einfach zu programmieren. Zu viele aus dem Zusammenhang gerissene Puzzleteile irritieren meist mehr als sie erfreuen. Die erste Idee für dieses Fest zur Eröffnung des neuen Musiktheaters in Linz hatte der im Herbst 2012 verstorbene Linzer Ballettchef Jochen Ulrich. Ausgeführt hat sie der Tänzer und interimistische Intendant Jucquois. Er gedachte seines ehemaligen Chefs mit zwei Ausschnitten aus Ulrichs Choreografie „Romeo und Julia“, die zur Zeit in Linz neu einstudiert wird.
Durch die Veranstaltung führte gut gelaunt der Grazer Ballettchef Darrel Toulon. Viel Zeit zum Proben auf der unbekannten Bühne hatten die Gast-Ensembles nicht, doch wurden die unvermeidlichen kleinen Pannen mit Bravour überspielt. Toulon durfte eine eigene Arbeit – „Daphnis“, Musik Maurice Ravel – als Ouvertüre ankündigen und präsentierte sein Ensemble auch mit „Fauno“, einer erst kürzlich uraufgeführten Choreografie des Portugiesen Vasco Wellenkamp. Bostjan Ivanjsic konnte mit seinen KollegInnen zeigen, dass Graz keineswegs tänzerische Wüste ist.
Aus dem Kontext gerissene Teile von Stücken, die eine komplette Geschichte erzählen, sind für das Publikum oft verwirrend oder unverständlich. Selbst ein so berührender Pas de deux, wie ihn Kronberger und Peçi in der Begegnung des Ehepaars aus „Anna Karenina“ von Boris Eifmann zeigten, lässt das Auditorium mangels Kenntnis der gesamten Geschichte eher kalt. Kein Überraschung also, dass das Paar aus Wien mit dem kecken „Black Cake“(Hans van Manen zur Musik von Igor Strawinsky) zu verdienten Begeisterungsstürmen hingerissen hat. Begeisternd waren auch Rolán Ramos Hechavarria und Leoannis Popo-Guillen mit einem Pas de deux aus „Faust“, einer Choreografie des Innsbrucker Ballettchefs Enrique Gasa Valga. Mephisto umgarnt Faust, mit teuflischer Sinnlichkeit und ausdrucksstarken Gesten zur Tango Musik von Goran Bregovic. Die erfolgreiche Innsbrucker Choreografie (Uraufführung: 23. Februar 2013) begeisterte die LinzerInnen auch mit einem weiteren Pas de deux. Zu einem Hit von Joe Cocker treibt es Mephisto (Hechavarria) diesmal mit der frommen Nonne Marthe (Clara Sorzano Hernández). Gasa Valgas eigenwillige Interpreation des Faust-Themas steht auch im Juni noch auf dem Spielplan des Landestheaters.
Peter Breuer, Chef des Salzburger Ensembles, hat es sich leicht gemacht und Ravels „Bolero“ mitgebracht. Ob an der Wiener Volksoper von András Lukács in Bewegung gesetzt oder in Salzburg von Breuer in Rückenansicht inszeniert, das populäre Musikstück (für Ravel, der den Bolero für die Tänzerin Ida Rubinstein komponiert hat, „ein Orchesterstück ohne Musik“) zieht immer. Egal, was auf der Bühne passiert, man denkt ohnehin gleich an die „Traumfrau“ Bo Derek.
Zum Abschluss hat das Linzer Ensemble einen Vorgeschmack auf das neu einstudierte Ballett „Romeo und Julia“ (Jochen Ulrich, Sergej Prokofjew) gegeben. Die gewohnte Lieblichkeit wird man darin nicht finden, es herrscht tatsächlich Krieg in Verona und die Liebe hat wenig Chancen. Premiere des gesamten Stückes ist am 25. Mai im neuen Haus.
Ganz so einfach wird es doch nicht sein, das neue sehr ansprechende aber auch große Haus täglich zu füllen. Fein wäre es, könnte die heurige „österreichische Tanzgala“ den Grundstein zu einer jährlichen Wiederholung gelegt haben. Linz hat nun die richtige Bühne und technische Ausstattung für so ein Event. Und wenn die Ensembles und auch die Technik sogar Zeit für einige Probeschritte haben, könnte so ein Tanzfest zum Publikumsmagneten werden. Der engagierte Applaus lässt das vermuten.
Österreichische Tanzgala, österreichische Ballett-Kompanien zu Gast in Linz, 5. Mai 2013, Musiktheater Volksgarten.
„Romeo und Julia“, Ballett von Jochen Ulrich, Musik von Sergej Prokofjew, Premiere: 25.5. 2013, Musiktheater Volksgarten, Linz.