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notfoundyet1Intimes Ambiente, explizite Worte und am Ende ein feuchtes Happening zum Schlagzeug-Solo. Das Künstlerduo Laia Fabre und Thomas Kasebacher, seit 2007 firmieren die beiden unter „notfoundyet“, präsentierte an drei Abenden seine textbasierte Performance „Hot Springs“ als Uraufführung im WUK, ludt das Publikum ein, vorgefertigte Dialoge über Sexualität paarweise vorzutragen. Und es sollte knistern.

Gleich am Eingang erhält jeder Besucher einen A4-Umschlag. Öffnen erst nach Aufforderung. Auf die Bühne (von Christina Jauernik) ist aus mehrschichtigen flachen Terrassen eine Insel zum gemütlichen Beisammen-Sitzen gebaut. In der Mitte thront ein Schlagzeug mit einiger Elektronik daneben, in die unteren Ebenen sind drei waagerechte Monitore eingelassen. In der einführenden Ansprache der drei PerformerInnen Laia Fabre, Thomas Kasebacher und Lukas König (Schlagzeug und elektronische Sounds) vom großen grauen Polster nebenan reden sie von Respekt, Wohlfühlen und dass es um Sex ginge, jenseits reproduktiver Zwecke, um Leidenschaften und Wünsche, die jeder hat. Der Musiker streut bereits Sound, während Fabre und Kasebacher viele mit Datum versehene Gedanken, Beobachtungen, Erlebnisse verlesen, hetero- wie homosexuelle, SM, chinesische Massage in Wien, hart und feucht Werden. Sie tragen ihre Reportagen mit weicher Stimme vor, bemüht darum, Stimmung zu erzeugen. Aber es bleibt kühl.notfoundyet2

Und endlich dürfen wir die nummerierten Umschläge öffnen. In die Verfahrensweise eingewiesen (der Reihe nach in Zufalls-Paarung Dialoge zu verlesen) hören wir davon, dass wir die über unsere Lippen kommenden Worte genießen mögen. Bemühte Atmosphäre. Knapp 30 solcher Pärchen dürfen nun diverseste Varianten sexueller Gedanken, Gefühle und Aktivitäten ins Mikrofon raunen, hauchen, wispern, stöhnen. Das Bestreben der ZuschauerInnen, den vorgelegten Texten durch ihre Vortragsweise zu entsprechen, ist mehr erheiternd als, wie vorgesehen, tatsächlich erotisierend. Unterbrochen von einem mit Zwischenapplaus bedachten mexikanischen Liebeslied, das live von den dreien gesungen (Fabre) und gespielt (Kasebacher Gitarre, König Drums und Elektronik-Bass) wird, zieht sich die Lesestunde. Die in die Texte eingewebten Regie-Anweisungen „Image“ und „Video“ induzieren Ebensolches auf den Monitoren, zu sehen nur von den unmittelbar Umsitzenden. Was zu riechen gibt es auch. Bernhard Weber kreierte frische Düfte, die per Verdampfer und mit Riech-Blättchen den Nasen der ZuschauerInnen nahe gebracht werden.

notfoundyet5Bemerkenswert ist der elektronische Sound, mit dem Lukas König die Dialoge begleitet. Das Ansinnen der Lesenden, ihrerseits zum Aufkommen einer wenigstens einigermaßen erotischen Stimmung, weil sie den PerformerInnen zu Folge doch angestrebt sei, beizutragen, torpediert König mit Sound-Experimenten, die wegen ihres spielerischen Auslotens der Möglichkeiten einfacher elektronischer Klangerzeugungs-Mechanismen durchaus legitim sind, das aber nur im privaten Studio, die hier jedoch weder unterstützend noch konterkarierend, sondern einfach nur zerstörerisch wirken. Aber: Lukas König bekommt seine Chance. Am Ende nämlich, als er den „Brunnen“, eine von acht unters Publikum gemischten PerformerInnen gestaltete bewegte Körperskulptur, die aus allen Öffnungen Wasser spuckt und spritzt, also „laktiert“ und „ejakuliert“, mit einem langen, lauten Schlagzeug-Solo zum Höhepunkt (des Abends) treibt.notfoundyet4

Mit „Hot Springs“ stellt „notfoundyet“ eine textliche Fleiß-Arbeit über Sexualität vor, die sich einerseits an anderen Arbeiten zu und mit diesem Thema (erinnert sei an Christine Gaiggs Trilogie über Sexualität, deren dritter Teil zwei Wochen zuvor im Tanzquartier Wien Premiere feierte) sowie und vor allem am eigenen Anspruch messen lassen muss. Die höchst-eigene Formulierung eben jenes Anspruches wird, wohlmeinend betrachtet, mit überraschender Konsequenz persifliert. Und diese erst mit der finalen Fontäne aufgebrochene Selbstironie, tatsächlich intendiert und entsprechend geschärft, könnte dem Stück seine Qualität geben.

„Hot Springs“ von notfoundyet (Laia Fabre, Thomas Kasebacher), am 23. November 2019 im WUK.

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