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Schlaepfer1Mit der Bestellung Martin Schläpfers zum Ballettdirektor hat der (durchaus skeptisch beobachtete) designierte Staatsopernchef Bogdan Rošcic eine richtungsweisende Entscheidung getroffen. Der angesagte Choreograf leitet zur Zeit noch das Ballett an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf und Duisburg. 2020 wird er nach Wien übersiedeln und verspricht, hier sowohl das klassische Erbe zu pflegen als auch Aktualität ins Repertoire der Wiener Compagnie zu bringen.

Martin Schläpfer stammt aus einer Appenzeller Bauernfamilie und lernte Geige und Eiskunstlauf bevor er 1975 im Alter mit fünfzehn mit dem Ballett begann. Als bester Schweizer Tänzer gewann er ein Stipendium an der Royal Ballet School in London. Er war Solotänzer am Stadttheater Basel unter Heinz Spoerli sowie Pricipal Dancer beim Royal Winnipeg Ballet in Kanada. 1990 gründete er in Basel die Ballettschule Dance Place, die er vier Jahre leitete bevor er Ballettdirektor am Stadttheater Bern wurde. Bis 2009 war er Direktor von ballettmainz am Staatstheater Mainz, wo er bald zum Lieblingschoreografen des deutschen Feuilletons avancierte, was schließlich zu seiner Berufung an die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf und Duisburg führte, wo er als Ballettdirektor und Chefchoreograf das Ballett am Rhein mit 48 Tänzern und dem Neubau eines eigenständigen, hochmodernen Balletthauses neu formierte.

Der mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnete Choreograf ist durchaus nicht für jeden Posten zu haben. So war er Wunschkandidaten des damaligen Berliner Kulturstaatssekretärs für die Nachfolge von Vladimir Malakhov als Intendant beim Staatsballett Berlin, ein Angebot das er ablehnte.

Dass er nach Wien kommt, ist daher durchaus als starkes Zeichen für die Aufwertung des Balletts an der Wiener Staatsoper, die der derzeitige Direktor Domionique Meyer mit der Bestellung Manuel Legris’ (der seine Direktion 2020 aus eigenen Stücken niederlegt) erfolgreich eingeleitet hat. Mit dem dynamischen und durchsetzungskräftigen Schweizer sind für das Wiener Staatsballett durchaus interessante Neuigkeiten denkbar. „Das Wiener Staatsballett wird auch unter meiner Direktion das grandiose klassische Repertoire pflegen und aufführen, aber auch klare Zeichen in Richtung des Zeitgenössischen unserer Kunstform setzen. Ich werde alles für das weitere künstlerische Wachstum der Compagnie tun“, sagt er in einer Presseaussendung.Schlaepfer2

„Ein schwarzer Tag für Düsseldorf und ein schwarzer Tag für das Tanzland NRW“, kommentiert die Westdeutsche Zeitung den Abgang Schläpfers. Und interpretiert die Entscheidung des Top-Choreografen so: „Eine internationale Spitzenposition, die ihm hohes Ansehen sichert – was ihn vermutlich am wenigsten reizt. Eher, dass Wien ihm seine ganze Energie, seinen ganze Ehrgeiz und sein ganzes Engagement abverlangen wird. Als Ballettdirektor der österreichischen Hauptstadt ist er verantwortlich für das Wiener Staatsballett, die gemeinsame Kompanie von Staatsoper und Volksbühne (sic! sollte heißen: Volksoper, Anm.), sowie die Wiener Ballettakademie. Hier wird er offensichtlich geschätzt – und gebraucht werden.“

In Österrreich überzeugte Martin Schläpfer übrigens zuletzt das Tanzpublikum mit seinem Ballett zu Mahlers 7. Symphonie im Festspielhaus St. Pölten.

Wer sich ein besseres Bild über Martin Schläpfer machen will, dem sei das Filmportrait von „Feuer bewahren – nicht Asche anbeten“ empfohlen (das es in Österreich nicht in die Kinos schaffte):

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Feuer bewahren, nicht Asche anbeten