In der Regie von Fiona Shaw (hauptberuflich ist sie Schauspielerin), die die Handlung in der Entstehungszeit und dem Ort der Oper belässt, irren Figaro, Susanna, Graf und Gräfin Almaviva, Cherubino in einem kreisrunden labyrinthischen Anwesen (Ausstattung: Peter McKintosh) umher, das ebenso verschachtelt und verzwickt ist wie die Handlungsebenen der Opera buffa. Die Drehbühne offenbart im ersten und zweiten Akt die unterschiedlichen szenischen Settings, im dritten Akt wird daraus ein Festsaal, in dem Figaro und Susanna ihre Hochzeit feiern. Im vierten Akt ist das Labyrinth die ideale Kulisse für das Versteckspiel im Garten.
Shaw wollte die Emotionen der handelnden Personen in den Mittelpunkt stellen, sagt sie in einem Interview. Doch das ist ihr nur stellenweise gelungen, grosso modo war bei dieser Regie die Sängerführung enttäuschend. Da wurde viel gezappelt, gefummelt und herumgespielt, aber die Emotionen bleiben auf einer mehr als oberflächlichen Ebene. Wenn zum Beispiel Susanna im vierten Akt auf Figaro ob seiner Annäherung an die Gräfin (als die sie verkleidet war) wütend einschlagen sollte, wird daraus lediglich ein niedliches Getapse.
Figaro, souverän gespielt und solide gesungen von Iain Paterson, ist weit mehr als ein gewiefter Diener, der seinen Herrn das Handwerk legen möchte. Paterson legt diese Rolle offensiv an: dieser Figaro ist in direkter Konfrontation mit dem Grafen und spielt mit ihm ein gewagtes Machtspiel. Susanna (Devon Guthrie) bleibt in dieser Version ziemlich farblos, Roland Wood lief als Graf Almaviva im zweiten Teil zu gesanglicher Hochform auf. Kate Valentine (Gräfin Almaviva) und Kathryn Rudge (Cherubino) überzeugten mit ihrem Belcanto.
Es lag aber nicht immer an den Sängern, wenn ihr Gesang nicht überzeugen konnte. In manchen Arien passte die Übersetzung einfach nicht mit der Musik zusammen, kam es durch einen Konsonanten zum abrupten Ende, wo ein Vokal im Original den Ton verlängert. Sogar Regisseurin Fiona Shaw zweifelt offensichtlich die Wichtigkeit der Sprache in dieser „Oper der Opern“ an, wenn sie sagt: „Sie ist so eng gestrickt, dass man sich fragt, ob sie überhaupt die Sprache braucht – sie würde auch ohne sie halten. Mozarts Oper ist so dynamisch in der Art, wie er Akkorde und Tonarten wechselt, um Gedanken und Gefühle zu reflektieren.“
Doch ist gerade diese Oper in den Rezitativen sehr wortreich und hier ist die Übersetzung in eine moderne Sprache ein Gewinn, für die Arien hingegen ist sie ein nicht immer glücklicher Kompromiss.
English National Opera „The Marriage of Figaro“ im Coliseum, London am 3. November 2011