„Deal.West.East“ - wie mag der Deal für die Uraufführung dieses zweiteiligen Tanzabends gelautet haben, den Darrel Toulon, Ballettdirektor der Oper Graz und in diesem Fall auch „Kurator“, mit den beiden beauftragten Choreographen Dong Jie und James Wilton geschlossen hat? „Einer muss gewinnen“ offensichtlich nicht. Eher vielleicht: Gesucht ist Tanz, der jetzt gilt, jetzt Gültigkeit hat – hier im Westen im Gegensatz zu dort im Osten und doch vor allem auch weltweit.
Oder sind die geschickten „Dealer“ nicht ohnehin in erster Linie die KünstlerInnen der Tanzcompanie der Oper Graz, die in diesem Doppel-Programm souverän in und für zwei Welten tanzen?
Auf jeden Fall ist – wie Toulon in der gleichermaßen schwungvoll-vergnüglichen wie informativen Abend-Einführung im Rahmen der Tanz Nite am 14. März es „auf den Punkt“ brachte – ab diesem Donnerstag, 22. März 2012 die Grazer Studiobühne „Wilder Mann“ „…der Punkt, wo east and west zusammenkommen, einander treffen“.
Und dies in höchster Qualität - und allen immer wieder geäußerten Statements der Art „zeitgenössischer Tanz sei schwer zu verstehen“ zum Trotz auch (be)greifbar: Ob man als Rezipient seine visuellen Denk- oder Empfindungs-Ansätze in einer assoziativen, einer akrobatischen, einer inhaltlichten, einer ästhetischen oder aber auch in einer tanztechnischen „Ecke“ hat.
„I Can Think and Dream about It“
Nach einem strengen, visuell-akustischen Eingangs-Statement, das, frei übersetzt, als „Am Anfang ist der Atem…“ wiedergegeben werden könnte, lässt Dong Jie Bilder tanzen: Abstrakt wie der Titel es andeutet, huschen Gedanken vorbei, formen sich schemenhaft, lösen sich auf, fügen sich zueinander, werden aufgenommen, stehen im Mittelpunkt; (fiktiver) Regen kühlt die Haut der Tänzerinnen– nahezu spürbar auch die der Zuseher. Ein Sessel „gleitet“ durch die Lüfte – saß da nicht Marc Chagall ? Weiße und doch alltägliche Autoreifen werden zum luftigen Spielball, geliebten Gefährten, willigen Begleiter. Bis ein Seil die Atmosphäre würgt, einengt, festhält - am Ende steht die Flucht, die Befreiung. Ein Bewegungsgespinst – gleichermaßen filigran und stabil wie ein Spinnennetz.
„Growing Divide“
James Wiltons konkrete Erfahrung mit sozialen Spannungen in London bilden die beinharte Basis für das, was er in seiner an physische Grenzen gehenden Choreographie auf die Bühne knallt - und womit er nicht nur den TänzerInnen (fast) den Atem raubt: Mit einer Bündelung und Explosion von Bewegung, punktgenau und zielgerichtet im dynamischen Fluss.
Von der abstoßenden Schönheit brutaler Unterdrückung und Gewalt; von dem, was in unbedeutenden Variationen immer von neuem sich entwickelt wird hier getanzt – in im Grunde ermüdender Gleichtönigkeit, die mit technischer Perfektion zu zeigen ein Anliegen per se gewesen sein muss.
"Deal.West.East", Premiere: 22. März Grazer Studiobühne „Wilder Mann“
Weitere Vorstellungen: 31. März, 24., 25., 26. und 27. April 2012