Wenn Pulcinellas Maske fällt. Das Publikum in Wintermantel und Decken, die Tänzer mit bloßen Füßen und nur einem Hauch von Kostüm, eisig wehte die Kälte durch den Schlosshof Porcia. Dass „Who is Pulcinella?“, Startstück einer neuen Tanzserie von Anna Hein, dennoch eindrucksvoll gelang, lag am virtuosen Umgang der Kärntnerin und ihres künstlerischen Partners Eric Trottier mit dem Thema.
Zeitgenössisch interpretierte Commedia dell’Arte in Perfektion war da zu sehen, im Wechselspiel von Masken, Rollen, Mann und Frau, totaler Künstlichkeit und Natürlichkeit – letzteres besonders in Interaktion mit dem Publikum. Sogar Spittals Stadtoberhaupt wurde von den Künstlern frech ins Spiel gezogen: Seine Grußworte dröhnten als Hubert von Goisern-Song aus den Boxen. Als sich zum Spiel formierende Komödianten mit Schnabelmaske kamen sie zunächst daher, Hein und Trottier. Mehrsprachig konfus und zu lange wurde über wer was wie diskutiert – immerhin war Pulcinella für seine Geschwätzigkeit berühmt. Aber auch für seine Provokationen: Virtuos zog Trottier alle Register als Clown im schwarzen Tutu, während Hein zunächst als unscheinbarer Ballonverkäufer im schwarzen Mantel herumschlurfte. Dann Maskenchaos und plötzlich alles umgekehrt: eine strahlende Tänzerin spiegelt zu Klängen von Sigúr Rós und Strawinsky in Zitaten, Solos und Pas de deux mit jetzt männlichem Clown das bereits Geschehene und sorgt im Spiel mit der Schlossarchitektur für ein magisches Finale. Großer Jubel!
Anna Hein: „Pulcinella“ am 25. Mai 2013, Schlosshof Porcia, Spittal / Drau
Dieser Artikel ist ein Originalbeitrag der Kärntner Krone vom 29. Mai 2013