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leeellroy Schatten der Vergangenheit. Der Belgier Hans Van den Broeck hat bei Impulstanz ein düsteres Duett mit starken Bildern choreografiert. „My dark Places“, das autobiographische Buch des US-Bestsellerautors James Ellroy, inspirierte zu „The Lee Ellroy Show“, einer Arbeit, die – im Kasino am Schwarzenbergplatz -  die dunklen Obsessionen des Autors in einer Plexiglasbox zum Funkeln bringt.

Das Trauma prägt. Von der Hochglanz-Scheinwelt des Fernsehens zu den verborgenen menschlichen Abgründen spannt Hans Van den Broeck seine Darstellung des Lebens der faszinierenden Figur des Autors James Ellroy. Im Alter von zehn Jahren verlor Lee Earle Ellroy, so sein Geburtsname, seine Mutter. Sie war 1958 Opfer eines Sexualverbrechens geworden. Man fand sie in einer abgelegenen Straße in Hollywood. Dieses traumatische Erlebnis sollte sein Leben – und seine schriftstellerische Arbeit - maßgeblich prägen.

Alptraumhafte Innenwelt. Van den Broecks sehr filmisch, nicht der Chronologie verhaftet und montageartig erzählte Inszenierung beginnt in den 1950er Jahren, in einem multifunktionalen Plexiglaskubus (Bühne Dirk De Hooghe). Dieser kann zur Wohnung werden, zu einem Fernsehstudio oder zu einem Gefängnis für die von Obsessionen geplagte Seele des Protagonisten. Die Durchsichtigkeit des Kubus erlaubt, gleichzeitig einen Innenraum zu zeigen und die Welt außen zu repräsentieren. Es entstehen dabei faszinierende Bilder (Licht Giacomo Gorini). Auch die alptraumhafte Innenwelt des Kriminal- und Thriller-Autors findet in diesem Raum den geeigneten Schauplatz.

Die Rollen verschwimmen. Jake Ingram-Dodd und Anuschka Von Oppen spielen alle vorkommenden Figuren mit einer subtil variierenden jeweils ganz individuellen Körperlichkeit, nur mit kleinen Kostümwechseln (Marion Jouffre). Wenn die Rollen zuweilen zusammenfließen, hat das inhaltlichen Charakter: In Ellroys Beziehungen zu Frauen sucht er nach der Mutter. Alles ähnelt einander und doch wieder nicht. Ellroy entwickelt eine fast krankhafte Beschäftigung mit dem Mörder seiner Mutter - wenn Performer Jake Ingram-Dodd sowohl den jungen Autor als auch den Mörder spielt, so ist das ein wunderbarer Ausdruck seiner Zerrissenheit.

Die Fassade bröckelt. Im Verlauf der Inszenierung beginnt die anfänglich heile Welt in den 1950er Jahren immer mehr zu bröckeln. Die Bilder im Inneren des Protagonisten, seine Vorstellungen und Obsessionen treten in verstörenden, abgründigen Phantasien zutage. Die Körper beginnen beredt zu werden. Die Darstellung des Mordes an der Mutter wird in einen alptraumartigen, entmenschten Tanz gefasst, bei dem die Tanzenden, ein Wolfsfell zwischen den Zähnen, miteinander ringen, bis die Frau erliegt und sich nicht mehr regt.

Die beeindruckende, an die Filmarbeiten von David Lynch erinnernde Vorstellung findet heftigen, anhaltenden Applaus. Ungeteilt scheint die Zustimmung jedoch nicht zu sein, einige Gäste haben es recht eilig, den Saal sofort nach Vorstellungsende – es erinnert an Flucht - zu verlassen. Aber das ist ein Phänomen, das man im Theater regelmässig beobachten kann.

Hans Van den Broeck/SOIT, The Lee Ellroy Story, 14.8.2014, Österreichische Erstaufführung, Kasino am Schwarzenbergplatz. Weiter Vorstellung 16.8.2014, 19 Uhr. www.impulstanz.com