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brut sheshepop

Die deutsche Performancegruppe She She Pop beschäftigt sich im jüngsten Stück, „Frühlingsopfer“, mit dem Verhältnis von Töchtern zu ihren Müttern und umgekehrt. Mit eher altbackenen Texten und Klischeebildern, wie sie schon im vergangenen Jahrhundert von Betty Friedan oder Nancy Friday zerpflückt worden sind.

Igor Strawinskys „Le Sacre du printemps / Frühlingsopfer“ wählte die Gruppe als Ausgangspunkt und Musikteil der Vorstellung. Der Begriff „Opfer“ dient als roter Faden und Brücke von Strawinskys grandioser Ballettmusik zum ein wenig verkrampften Stück. Auch Mütter müssen Opfer bringen, auch Töchter müssen dazu herhalten. Das ist bitter, meinen She She Pop, aber notwendig, denn ohne Opferbereitschaft funktioniert die Gesellschaft nicht. Die Männer halten sich raus. Sei's drum: Erkenntnisse waren in dem musikalisch aufgemotzten gravitätischen Stück nicht zu gewinnen.

Im Grunde ist die Performance eine Täuschung, denn die Mütter sind in vom Künstlerinnenkollektiv der Töchter vorgegebene Rollen gezwängt, verschwinden unter Decken, dürfen wieder auftauchen, der Mann im Quartett darf auf „seiner“ Mutter herumtrampeln, die Töchter machen es ihm nach. Was die Mütter zu berichten haben, klingt hölzern und schon längst gehört. Perfekt und sogar unterhaltsam ist die Technik des steten Wechsels zwischen Lifeauftritt und Videofilmen auf viergeteilter Riesenleinwand. Man reicht einander Joints weiter, schlingt die rote Nabelschnur von der Leinwand auf die Bühne, überrascht durch Überblendungen und Doppelbilder. Die Aussage hingegen bleibt an der Oberfläche, da gibt es kaum Überraschungen. Schwerfällig, gekünstelt und bierernst dehnt dieses „Frühlingsopfer“ die 90 Minuten ins Unendliche.

Wenn auch die Verknüpfung vom Opferritual in Strawinskys Ballettmusik zur Opferpflicht, die den Frauen auferlegt ist, einigermaßen nachvollzogen werden kann, so ist der Missbrauch der originalen Musik – widersinnig in zwei Teile zerhackt – doch quälend. Eher hilflos rennen die Performerinnen samt dem einen Performer (das Mutter-Sohn Verhältnis wird genauso undifferenziert über den Kamm geschoren wie die Mutter-Tochter Beziehungen) mit geblümten Steppdecken auf den Schultern im Kreis, heben die Arme, senken die Knie, singen gar, klopfen im Rhythmus  („Publikum bitte nicht mitklopfen“ fordern sie im Programm – es besteht ohnehin kein Grund dazu) und skandieren, ohne dass klar wird, warum und wozu. Angesichts der ungezählten großartigen „Sacre“-Interpretationen kann ich mich nur in den Schlaf retten.

„She She Pop“ werden im Programmheft als „eine der renommiertesten freien Theatergruppen Deutschlands“ angepriesen. Diesem Ruf zollte das Publikum freundlichen Applaus.

She She Pop (und ihre Mütter): „Frühlingsopfer“, 4. Dezember 2014, brut.
Wiederholung am 5. und 6. Dezember 2014.