Knapp vor Saisonende für den getanzten „Sommernachtstraum“ stellte sich in der Volksoper ein neuer Puck vor. Solotänzer Davide Dato interpretierte die Rolle mit überschäumendem Temperament und fröhlichem Augenzwinkern. Ketevan Papava debütierte davor, in der 10. Vorstellung des Balletts von Jorma Elo, als sinnliche Titania.
Vielleicht waren es die winterlichen Temperaturen, vielleicht auch gewisse Ermüdungserscheinungen: Von einer verträumten Sommernacht, von Liebeswirren und –spielen war nicht allzu viel zu spüren. Plump und hölzern klang es auch aus dem Orchestergraben (Dirigent: Andreas Schüller) und die Feen beiderlei Geschlechts hatten deutliche Orientierungsschwierigkeiten, so richtig zu einander fanden sie nicht. Den SolistInnen war jedoch keinerlei Irritation anzumerken, selbst ein verlorenes Horn, tat dem neuen Puck nicht weh.
Davide Dato trennen gute zehn Jahre vom Puck schlecht hin (dem Faun aller Faune), Michail Sosnovschi. Ein Vergleich erübrigt sich deshalb. Das Tierwesen ohne Bewusstsein und Gewissen, das Sosnovschi kreiert hat, ist einmalig. Aber auch mit Puck 2, Richard Szabó hat der neue, junge Puck nichts gemein. Ist Szabó eher ein Schlawiner, der ganz genau weiß, was er da anrichtet und seinen Spaß daran hat, so tanzt Dato, genau und sorgfältig in jeder Bewegung, einen fröhlichen Kobold, der von der Liebe keine Ahnung hat und tatsächlich meint, es genüge schon, Mann und Frau neben einander zu legen, um ein Paar aus ihnen zu machen. In aller Unbekümmertheit nimmt er gar nichts ernst, auch nicht die Schelte seines Herrn, Oberon, dem König der Elfen (Kirill Kourlaev). Ein junger Spund eben, Lehrling der Koboldkunst, Pumuckl auf dem Weg zum Puck.
Vollendet hingegen die königlichen Damen. Dagmar Kronberger als Hippolyta, Königin der Amazonen, besticht jedes Mal von Neuem durch Ehrfurcht gebietende Eleganz, was auch ihr Partner Theseus (Igor Milós) zu würdigen weiß. Neu im sommernächtlichen Treiben ist Ketevan Papava als Titania. Nicht edel und abgehoben, eher als gut geerdetes Vollblutweib schwebt (sich!) die Elfenkönigin ihrem Oberon entgegen. Der hat keine Chance, schwingt den goldenen Mantel und sinnt auf primitive Rache. Da bekommt dann das Volk etwas zum Lachen, weil die schöne Elfe sich in den zum Esel gewandelten Handwerker Zettel (Gabor Oberegger) verliebt. Fast meint man im Komödienstadel zu sein. Der Esel singt aus voller Brust und ruft nach Bier. So gesellt sich zu den putzig leuchtenden Miniaturballeteusen aus der Ballettakademie auch das Tier und diese beiden, Kinder und Tiere, – das ist eine uralte Theaterweisheit – heimsen den heftigsten Applaus ein. Ballettkunst hin, Charakterdarstellung her.
Neben den RollendebütantInnen, Papava und Dato, hätten auch Prisca Zeisel (Hermia) und Joanna Avraam, Sonderapplaus verdient. Nicht nur weil die beiden ein perfekt funktionierendes Rivalinnenpaar bilden – die eine zierlich und dunkelhaarig, die andere blond und hochgewachsen –, sondern auch weil sie Elos Bewegungskatalog wunderbar ausführen und dabei nicht vergessen, fröhliches Turteln im Wald, Zickenkrieg und Amour fou darzustellen. Die in wechselnder Beziehung dazu gehörenden Männer: köstlich verzweifelt (Alexandru Tcacenco / Lysander) und etwas blass (András Lukács / Demetrius). Entspannender Höhepunkt der (im konkreten Fall) nicht besonders burlesken nächtlichen Träume, die Pas de deux der königlichen Paare, die alle, wie auch die Bürgerskinder, endlich versöhnt sind. Vesna Stankovic (26.1.) und Bettina Gradinger (29.1.) interpretierten fließend die beiden Sätze (2,3) von Mendelssohns Violinkonzert. Des Komponisten romantische Musik ist von Anfang bis Ende das tragende Element dieses Balletts.
Zu guter Letzt muss auch dem Jugendchor der Volksoper Anerkennung gezollt werden und den beiden Volksopern Solistinnen, Claudia Goebl, Heidi Wolf, die Titania ein zärtliches Schlaflied singen. „Nun gute Nacht mit Eiapopei! Nun gute Nacht mit Eiapopei! Alles gut!“
„Ein Sommernachtstraum“, gesehen am 26. Jänner (Debüt Ketevan Papava) und 29. Jänner 2014, Volksoper.
Die letzte Vorstellung in dieser Saison findet am Sonntag, 2.2.2014 statt. Oberon / Eno Peçi, Titania / Ketevan Papava; Puck / Davide Dato.