Die flämisch-österreichische Theatergruppe motschnik mit Regisseurin Melika Ramic und die beiden Darstellerinnen Marieke Breyne und Nele Van den Broeck haben die der 68er Generation bestens bekannte Geschichte des Erzählers und Zeichners Janosch vom „Frosch und der Tigerente“ mit vielen originellen Einfällen und dramatischen Ergänzungen für Kinder ab 5 auf die Bühne gestellt.
Einmal sagte der Frosch zu der Tigerente: „Ach bitte, darf ich dich ein wenig küssen?“ Die Tigerente antwortete nicht, denn sie war ja aus Holz. Da rutschte der Frosch näher zu ihr und stieß sie dabei mit der Pfote an. Sodass sie mit einem Rad quietschte: „Rühiiiit“ „Oh, sie hat JA gesagt“, und er fing sofort an, sie ein wenig zu küssen. Nach Art der Frösche ziemlich heftig. Die Tigerente ließ ihn gewähren (denn sie war ja aus Holz); so dass er meinte, sie habe sich in ihn verliebt, und darum fragte er sofort weiter, ob sie denn seine Frau werden wollte.
Der Frosch zieht ein grünes Sonntagshemd an, setzt seiner Braut den Schleier auf und schwört, sie bis zum Ende seiner Tage zu lieben. Die Hochzeitsreise führt durch die ganze Welt und die Tigerente macht stumm alles mit, was der abenteuerlustige Frosch im Sinn hat. Die Katastrophe folgt erst, als er seine über alles geliebte Frau nach Hause zu Vater und Mutter bringen will. Das Schloss des Froschkönigs ist unter Wasser und die Ente kann zwar auf dem Wasser schwimmen, will aber nicht unter Wasser bleiben. Der erste Ehekrach ist unvermeidlich, auch wenn die Tigerente eigentlich nur Atem holen will. Doch die Liebe des Frosches siegt. Er richtet ein gemütliches Heim ein, mit Couch und Stehlampe, Grünpflanzen und Champagner im Kerzenschimmer. Gleich daneben ist die Tauchstation.
Und so lebten sie ziemlich lang und glücklich zusammen … … was den Frosch betraf.
Mit Spielfreude (Van den Broeck als grüner Frosch) und unglaublicher Contenance (Breyne als gestreifte unbewegliche Tigerente) erzählen die beiden Darstellerinen im abwechslungesreichen Bühnenbild die zu Herzen gehende Geschichte. Ist die Darstellerin der Tigente ganz auf ihr sparsames Mienenspiel und einige Armbewgungen reduziert, so darf sich Van den Broeck als Frosch sämtliche Facetten von Mimik, Gestik und sprachlichen Ausdruck (inklusive vieler Küsse für seine hölzerne Geliebte) erlauben und mit ihrem strahlenden Lächeln, Seligkeit und Entzücken sichtbar machen. Freuen sich also die kleinen Zuschauerrinnen über den springlebendigen, in seinem unverdrossenem Streben nach dem Glück geradezu liebenswerten Frosch, so bewundern die begleitenden Erwachsenen die Leistung der Tigerente. Auf ihrem Brett mit den vier Rollen festgeklebt ist sie tatsächlich aus Holz geschnitzt. Keine Miene verzieht sie anfangs, später darf sie die Augen aufschlagen und ein wenig blinzeln. Eine Stunde in der Hocke auf einem kleinen Brett auszuharren, sich mitunter recht schwungvoll umwerfen zu lassen, ist eine Meisterleistung, auch wenn das Unterwasserabenteuer lediglich unter blauen Plastikplanen stattfindet.
Abgesehen vom Einsatz des gesamten motschnik-Teams und der gleichermaßen beachtlichen Leistung der beiden Darstellerinnen, macht mich die Botschaft dieser Geschichte etwas ratlos. Wäre es am besten man verliebt sich in ein Stück Holz? Dann gibt es keine Widerrede und Rücksicht ist nicht notwendig. Oder sagen uns Tigerente und Frosch, dass wahre Liebe keine Gegenliebe braucht? Oder ist es nur eine kleine lustige Geschichte, die unterhalten will und zeigt, dass gutes Theater Groß und Klein begeistern kann? So wird es sein: Der fröhlich hüpfende und tanzende Frosch und die stumm und starr hockende Tigerente unterhalten aufs beste und jede(r) darf sich denken was sie / er möchte. Auch dass die nötigen Kürzungen, um den dramatischen Faden nicht gar zu zerdehnen, noch vorgenommen werden.
motschnik: „Der Frosch und die Tigerente“, Uraufführung am 11. Februar 2013, Dschungel. Weitere Aufführungen: 12., 13. 14. Februar, vormittags und nachmittags.
Die Textzitate stammen aus „Die Tigerente und der Frosch“ Eine Geschichte von Janosch, Diogenes, 1988, vergriffen