Hätte ich einen Wunsch an Ballettchef Legris frei, ich wünschte mir, dass er endlich dieses „Dornröschen“ gegen eine neue, spritzigere Version tauscht. Sir Peter Wrights opulenter Kostümschinken (Ausstattung: Philip Prowse) ist schlicht „outdated“, auch weil der Tanz gegenüber der Pantomime einfach zu kurz kommt. Trotz einer sehr guten Ensembleleistung, äußerte sich die Freude des Publikums auch bei dieser Wiederaufnahme sehr verhalten.
Nina Poláková und Denys Cherevychko gaben ihre Rollendebuts als Prinzessin Aurora und Prinz Florimund eine Woche früher als geplant, denn sie waren für ihre erkrankten KollegInnen eingesprungen. Die beiden sind von ihrer Erscheinung keine typischen klassischen Königsfiguren, auch wenn sie technisch unanfechtbar sind und das Rosenadagio ebenso wie der Grand Pas de deux einwandfrei tanzen. Die royale Eleganz ging an diesem Abend vom Königspaar Alexandra Kontrus und Thomas Mayerhofer sowie von Fliederfee Dagmar Kronberger aus, als deren Widersacherin, die boshaft-hämische Carabosse, Ketevan Papava zu erleben war. Die beiden Hauptfeen sind reine Pantomimen-Rollen. Die "Nebenfeen" tanzen hingegen auf Spitze. Ein grandioses Debut gab Prisca Zeisel als Fee der Lebensfreude, die sie großzügig und mit viel Charme verstreute.
Sir Peter Wright war für diese Wiederaufnahme nach Wien gekommen und hat die letzten Proben überwacht. Seine Anwesenheit mag zur Präzision beim Ensemble beigetragen haben, scheint aber das Tempo noch mehr gedrosselt zu haben. Bei allem Respekt für die historische Treue, die Wright bei seiner Version betont, ist dieses „Dornröschen“ jedenfalls eine müde Affäre.
Besonders der zweite Akt ist ein Stimmungstöter und scheint mehr dem 100-jährigen Schlaf als dem Erwachen von Prinzessin Aurora nachzuspüren. Da hat Prinz Florimund mit einer Jagdgesellschaft seinen Auftritt. Die Damen stecken in ausladendenden Röcken, die Bewegung fast unmöglich machen. Alena Klochkova als Herzogin versucht trotz dieses behindernden Teils kokette Anmut zu versprühen, gegen die sich der Prinz aber immun zeigt. Allein geblieben, wird er von der Fliederfee als Erwecker auserkoren. Die Szene, in der sie sich mit ihm im Schlepptau ihren Weg durch die Waldkulisse bahnt, ist schier endlos. Mit ausladenden Gesten durchbricht sie den hundertjährigen Dschungel und weist die ebenfalls wild gestikulierende Fee Carabosse in ihre Schranken. Dabei tauchen alle Figuren immer nur schemenhaft im Halbdunkel auf. Danach ist es nur ein kurzer Moment, wenn Florimund zu Aurora vordringt und sie aus dem Tiefschlaf wachküsst. Kaum steht sie auf, fällt auch schon der Vorhang.
Auch dem Orchester gelingt es hier nicht, die Fadesse zu vertreiben. Zwar steigert sich nach dem holprigen Prolog die musikalische Harmonie zwischen den Musikern und deren Leiter, dem erstmals in Wien dirigierenden Fayçal Karoui, von Akt zu Akt, aber ein glanzvolles Spiel wurde daraus nicht.
Wer kann das Publikum im dritten Akt, der prunkvollen Hochzeitsfeier von Aurora und Florimund aus seiner Lethargie rütteln. Natürlilch der blaue Vogel, diesmal gekonnt getanzt von Mihail Sosnovshchi und Kiyoka Hashimoto, die erstmals die verzauberte Prinzessin gab.
Wiener Staatsballett: „Dornröschen“ am 17. Februar 2014 an der Wiener Staatsoper. Weitere Vorstellungen: 20., 23., 24. Februar, 1., 2., und 5. März 2014