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collateral1Sie zeigen an Schnittstellen von Text- und Faktenpräsentationen, zeitgenössischem Tanz und visueller Kunst sowie Genderforschung dramaturgisch dichte Live-Art-Performance: Sie – das ist das norwegisch-österreichische Duo Hanna Rohn und Signhild Wærsted. In der gereiften Endfassung des lang und sorgfältig vorbereiteten Projekts, das sie im März als work in progress in der Grazer Kunstuniversität (tanz.at berichtete) präsentiert hatten, agieren sie unspektakulär provokant.

„Collateral Damage“, das ist eine unverblümte Collage rund um den weiblichen Körper, eine vielschichtige Auseinandersetzung mit einem breitgefächerten, gleichermaßen sensiblen wie aufreizenden Thema, das inhaltlich wie performativ differenziert aufgegriffen und formal kreativ und lebendig präsentiert wird.

Weil die zwei Künstlerinnen etwas zu sagen haben und sagen wollen: Zum weiblichen Körper, der im Privaten wie in der Öffentlichkeit seit jeher ein fokussiertes „Objekt“ ist. Eines, das der Verhandlung durch „ Eroberer“ ebenso preisgegeben ist wie der „Behandlung“ durch die Schönheitsindustrie und andere; eines, das um- und bekämpft wird, politische Auseinandersetzungen nicht ausgenommen.

Ausgehend von überraschenden Parallelen in der Zeichensprache des Militärs und der Schönheitschirurgie wird der in Folie gehüllte Körper (Waersteds) bezeichnet (von Rohn) und somit zu Gezeichnetem.

Schon in dieser ersten, längeren Sequenz gelingt eine stimmige Verquickung von Bildnerischem, tänzerisch Darstellerischem und Text (eingespielt über Lautsprecher oder auch live). Die Befreiung von diesen Spuren (das Entfernen der Folie) bedarf für den Einzelnen gehöriger Kraftanstrengung, zusätzlich zur Abwehr weiterer, immerwährender Manipulationsversuche durch andere/ durch die Gesellschaft.collateral2

Die zitierten Texte, die auf „Found Materials“ beruhen, sind in ihrer Verbindung miteinander zwar teilweise hypothetisch und krass, aber einerseits manchmal offensichtlich ironisch oder auch hie und da humorvoll, und andererseits in ihrer Gesamtheit vor allem nicht einseitig .-„… no one is the master of his own body: Nay male nay female…“ – was auch performativ in zwei Szenen besonders geglückt umgesetzt wird: Wenn die durch gedrehte „Folien-Seile“ miteinander verbundenen Künstlerinnen einander führen, halten, bewegen, zurückhalten, gängeln, einschränken, beherrschen. Oder aber auch, wenn in einem optisch an Kampfhähne erinnernden Dialog der gegensätzlichen Argumente Bewusstmachung betrieben wird. Immer wieder bewährt sich strukturell die auffordernde Frage: „All of the reasons why…“. die entsprechend den Inhalten wie „…to invade a country, …female genitals are cut?“ abwechselnd und prägnant beantwortet und performativ gestaltet werden: ganz cool verschriftlicht an einem Board etwa, oder aber unbarmherzig herausgepresst als Ergebnis einer „Folter“.

Abgesehen davon, dass Rohn und Waersted sich während der gut einstündigen Aufführung auch als Darstellerinnen nicht schonen, ist es ein hohes Maß an inhaltlichem Engagement und eines der formalen Konzentration, das die Tiefenwirkung dieser kreativ-eigenwilligen Arbeit ausmacht; ist es die Prägnanz, mit der das Konvolut durchdacht und dramaturgisch packend ausgeführt und theatral umgesetzt wird; ist es die kluge Aufbereitung einer letztlich trockenen Auflistung von Tatsachen, die zum (Groß)Teil ja bekannt sind, aber etwa nur ganz genau so ein Publikum tatsächlich erreichen und aufrütteln.

Rohn/Wærsted: "Collateral Damage" am 24. November 2016 im Theater am Lend, Graz

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