Sehnsuchtsräume sind es, die hier in einer als abweisend und ausgrenzend erlebten Welt skizziert werden. Erahnt und (mit)empfunden von Autor/Regisseur Peter Ulrich, der die Produktion „hasstig::in die neuen zeiten“ von aXe:körpertheater:graz wiederum mit Menschen erarbeitet hat und präsentiert, die am Rande der Gesellschaft leben. Skizzierte Bilder eröffnen kleine Einblicke in die Lebenswelt der DarstellerInnen.
Miniaturszenen des sich vorbehaltlosen Hingebens an eine glitzernde Scheinwelt sind es, die der Schauspieler Christian Ruck einstreut; und solche des Suchens, „rücksichtslos“ zwischen den Zuschauern, und die damit etwas Bedrohendes haben - ein Faktor, der ansonsten vielleicht ein wenig zu kurz kommt; ebenso wie jener von Hass.
Das, was hingegen greifbar wird und intensiv zu spüren ist, ist Ausgrenzung, ist Unterdrückung bis zum Drill, ist die daraus resultierende Unterwürfigkeit und das damit erzwungene, menschenunwürdige Verhalten. Besonders krass und berührend visualisiert, wenn eine Darstellerin (mit allen Mitteln um Aufmerksamkeit ringend und damit auch sich selbst verkaufend) das Mikrofon nimmt (und leckt) und sich an „ihr“ Publikum wendet: in einem flehenden Aufschrei um Hilfe und/oder - weil die nicht stattfindende Verbalisierung der Inhalte gleichermaßen ein (berechtigter) Vorwurf an die „gaffende Masse“ sein kann - in einem wütenden Vorwurf an diese, die sich nicht rührt oder gar dagegen hält gegen all das, was doch offensichtlich nicht richtig läuft.
Verortet ist die Aufführung in einem „Meer“ von aufgeplatzten, aufgeschnittenen, ausgenommenen Stoffpuppen und -Tieren; der Großteil dessen, was sie (was Menschen) einmal ausmachte, liegt damit funktionslos und als Art Restmüll auf dem Boden, auf Beton, im Nowhere.
Die akustische Einbettung gestaltet auch diese Mal gewohnt außergewöhnlich und schräg, angesiedelt zwischen emotional Melodischem und (vor allem) hart Nüchternem nachdrücklich Patrick Dunst, unterstützt von Grilli Pollheimer.
Es spricht für die Gesamtproduktion und die Stimmigkeit des in vielerlei Hinsicht Ungewöhnlichen ihrer Voraussetzungen und Gegebenheiten, wenn das Happy End – eine Mutter findet ihr Baby. verhilft ihm zu einem Weiterleben, „alle“ finden in einer Art Gemeinschaft zueinander- jeglichem Kitsch fern ist.
aXe:körpertheater:graz „hasstig::in die neuen zeiten“ Uraufführung am 28.Juni 2017, Stadtparkpavillon Graz (wetterbedingt zur Halbzeit abgebrochen), Derniere: 9.Juli 2017, Sauraugasse