„Ausgrenzenden Tendenzen“, die es in Österreich und „leider auch in Graz“ gäbe (Vorwort Programmheft), soll es entgegenwirken und zeigen, „wie inspirierend Vielfalt sein kann“: InTaKT, das „Inklusive Tanz-, Kultur-, und Theaterfestival“, das heuer bereits zum 3.Mal nach einer Idee und unter der organisatorischen Leitung von Christoph Kreinbucher und Lina Hölscher, künstlerische Leitung, stattfindet.
13 Programmpunkte bietet das Festival an 9 Tagen: rund um Akzeptanz und Toleranz, rund um den künstlerischen Austausch von Menschen mit und ohne Behinderung, mit einem Schwerpunkt für junges Publikum. Präsentiert in einer Fotoausstellung, einem Symposium, in einer Filmvorführung und einer Lesung, in Konzerten sowie in mehreren Theatervorführungen; zusätzlich gibt es verschiedene Workshops zwecks aktiver Teilnahme und Auseinandersetzung.
Eröffnet wurde mit einer Produktion des Bozener Teatro la Ribalta, mit „Ali / Flügel“ (in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln). Angekündigt war diese Steiermark-Premiere als Tanz/Theater, erzählt wurde sie von zwei Nachwuchstänzern mit Downsyndrom, von Jason De Majo und Michael Untertrifaller. Soweit die „Eckdaten“. Zu erleben war eine wunderbar fantasieanregende Geschichte; eine herausfordernd offen angelegte; eine leichtfüßig wie packend-sinnlich erzählte, eine humorvoll-philosophische zwischen Heiterkeit und tiefem Ernst. Eingepackt in das Zusammentreffen eines vom Leben und der Liebe enttäuschten Mannes und eines „(Herunter-)Gefallenen“, eines Verletzten, …eines Engels. Eines Menschen mit Geschichte, von der dieser nichts mehr wissen, an die dieser nicht mehr erinnert werden will (weil es weh tut), und eines „Geschichtslosen“, der erfahren, lernen und empfinden will. Zahlreich und schwer sind die auf ihrer beider Wege liegenden Steine (tatsächlich ist die Bühne von solchen bedeckt). Sie sammeln sie ein, schaffen sie beiseite, arrangieren sie neu, während sie um-, mit- und gegeneinander kämpfen, in Wort und Tat; während sie zueinander finden, Ansätze von Verständnis suchen und finden und gleichzeitig an Missverständnissen fast verzweifeln, durch Macht- und Geltungsanspruch einander fast zerstören. Und doch: jedes Bemühen ist besser als keines und so finden sie auch einen gemeinsamen Weg – für kurze Zeit. Und doch auch lange genug, um bereichert und selbstbewusster und letztendlich jeder für sich, einen anderen, einen neuen Weg zu gehen, anzufangen.
All dies ist in einfachen, aber zielstrebig und bewusst gesetzten Bewegungen und Gesten oftmals nur angedeutet, in „holprigen“ Sätzen nur einfach, aber doch den Kern der Sache unwillkürlich treffend, ausgesprochen. So, dass in jedem Zuseher seine ureigene, einzigartige, berührend-beglückende Geschichte entsteht.
Wie und warum sie mit ihrem außer-gewöhnlichen darstellerischem Tun eine derart große Wirkung erreichen? Sie spielen nicht, sie sind für diese 60 bezaubernden Minuten frustrierter Mensch und gefallener, lebenshungriger Engel.
Teatro La Ribalta „Ali / Flügel“ am 17. November 2018 im Schauspielhaus Graz, Haus Zwei; im Rahmen von Festival Intakt von 17. bis 25. November 2018