Eine klangvoll Spuren hinterlassende, verbal akzentuierte Rauminstallation in Bewegung. Das ist in etwa „Onírica“, das ist „traumhaft“ das, was Marta Navaridas, eine in Graz seit über zehn Jahren lebende Performerin und Choreografin, schlicht als Tanzinstallation bezeichnet. Seit ihrer Kindheit habe sie immer wieder und auf unzähligen erdenklichen Unterlagen gezeichnet; eingeschränkt war lediglich die Farbwahl, die immer auf Blau fiel.
Der Raum, in dem ihre drei Performer agieren (Lau Lukkarila, Xianghui Zeng, Veza Fernández) ist weiß; ein auf zwei Längsseiten offener Quader, vor dem jeweils eine Zuschauerreihe platziert ist und wie auf einem dreidimensionalen Bilderrahmen das Geschehen darauf respektive darin verfolgt. Es ist ein endloser Bewegungsfluss, der sich also dem eintretenden wie dem nach einer knappen Stunde aus dem Ausstellungsraum hinausgeleiteten Publikum als ohne Anfang oder Ende präsentiert. Es sind Bewegungen, die – in einen choreographischen Rahmen gebettet – aus sich selbst zu entstehen scheinen. Generiert in den Körpern der drei Agierenden, erweitert in den Linien, die sie dabei mittels edding-Stift dort hinterlassen, wo die Bewegung endet, auf mehr oder weniger Statisches trifft und blaue Spuren hinterlässt; bis die Bewegung sich von einem derartigen Untergrund wieder „befreit“, sich selbst genügt. Aufgenommen und künstlerisch aufbereitet wird der Loop aber auch als akustische Output, als der der Bewegungsgeräusche: Vom Live-Musiker an der Harfe, von Eduardo Raon und von Manuel Riegler, der daraus gar wundersame Kompositionen kreiert. Solche, die ganz selbstverständlich das zu Sehende in zu hörende Schwingungen transformiert.
Gleichermaßen selbstverständlich wie Laute, die hin und wieder aus einem der Münder in Form von Gebrabbel oder aber auch als Sing-Sang „tropfen“ und andere, neue Dimensionen zu „erforschen“ suchen. Konsequenterweise also auch sie so traumwandlerisch wie insgesamt die Installation sich darbietet.
Die Selbstverständlichkeit, mit der der Rezipient, so er erwartungsfrei die Cross-Over-Performance wirken lässt, das ungewöhnliche, mehrdimensionale Geschehen aufnimmt oder jedenfalls aufnehmen kann, bewirkt eine Art tiefer und entspannter Berührtheit. Das zumeist langsame Ineinandergleiten der sich kontinuierlich verändernden Bilder, der scheinbar ziellos, traumwandlerisch sich bewegenden Performer – allein, zu weit, aber auch in spannungsreich lockeren Dreier-Konstellationen – fesselt den Blick; en etwa so, wie die Töne die Ohren für entspannte Aufmerksamkeit öffnen. Die Präsenz der Künstler, ihre Aufmerksamkeit füreinander wie für sich selbst, für den Raum, für die Zeit (?) scheint ansteckend zu sein - den Zuseher für vielleicht in dieser Weise Geträumtes zu sensibilisieren.
Der Hinweis oder aber das Bewusstwerden, dass die „künstlerische Installation“ auch außerhalb der Spielzeit besichtigt werden kann, erweitert den Wirkungsgrad dieses Konzepts: Holt sie doch das Ephemere der Kunstform Tanz/Performance zumindest zu einem Teil in den Bereich von Beständigkeit.
"Onoríca", Tanzinstallation von Marta Navaridas, Graz-Premiere am 21.2.2020,17:00; Kunsthaus Graz, Space 04 (Uraufführung am 23. Jänner bei der SZENE Salzburg)