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rollsstuehle1Als Performerinnen und Gründerinnen von LizArt Productions arbeiten die Rollstuhl-Fahrerinnen Elisabeth Löffler und Cornelia Scheuer immer wieder mit dem Regisseur, Autor und Leiter von Toxic Dreams, Yosi Wanunu, zusammen. Mit „Die Rollstühle“, einer sehr freien Adaptierung von Eugène Ionescos Theaterstück „Die Stühle“, gelang dem Team erneut ein Theatervergnügen der besonderen Art. 

Ist es im Original ein über 90-jähriges Ehepaar, das auf seine Gäste und vor allem auf den Festredner wartet, so evozieren Elisabeth Löffler und Cornelia Scheuer in ihren Anzügen mit Knickerbocker, Sakko, Krawatte und Hut Comedians wie Laurel und Hardy oder die Marx Brothers. Ihren Witz allerdings generieren sie ganz im Sinne Ionescos, der die zwischenmenschliche Kommunikation ad absurdum führte. Sie unterhalten sich über Behinderung und Zweifüßler, reißen Witze an, die keine Pointe haben, und haben sich eigentlich nichts zu sagen. 

Stehen bei Ionesco leere Stühle auf der Bühne, so wird sie hier mit Rollstühlen befüllt. Jedesmal, wenn es klingelt, rollen sie aus dem Off hervor und bleiben nur für kurze Zeit unbesetzt. Denn die Gäste sind hier keineswegs fiktiv. Nach und nach laden Löffler und Scheuer die Zuschauer*innen von der Tribüne auf die Bühne ein und ersuchen sie höflich in einem Rollstuhl Platz zu nehmen. Die „Gäste“ geben den beiden Anlass zu neuen Überlegungen – und zum Tanzen. Dabei werden sie von Romina Kolb unterstützt. Ähnlich wie bei der verbalen Sprache, gibt es auch auf der non-verbalen Ebene wenig Austausch zwischen den Akteurinnen.

Wenn es Zeit zum Singen ist, rollt auch Vladimir Cabak ins Zentrum und intoniert den einen oder anderen Song. Apropos Musik: Der Sound ganz im Stil französischer Filmmusik der frühen 1960er Jahre verweist auf die Theater- und Film-Avantgarde der Nachkriegszeit, in der Ionesco „Die Stühle“ schrieb.rollsstuehle2

Ein interessanter Dreh gelingt Wanunu, der für die neuen Texte verantwortlich zeichnet, mit der Besetzung des Festredners. Während es im Original ein Taubstummer nicht vermag die große Botschaft des alten Ehepaares zu vermitteln, so ist es hier der Schauspieler Florian-Raphael Schwarz, der mit Emphase sinnlose Laute ausstößt. Währenddessen haben sich die beiden Frauen bereits in den Publikumsraum verfrachtet und noch einmal den Spieß umgedreht. Auf der Tribüne nehmen sie den frenetischen Applaus des Publikums, das in Rollstühlen sitzt, in Empfang. 

Das Spiel mit Umkehrungen steht bereits am Anfang des Stücks: Die Performerinnen bezeichnen ihre Behinderung als freie Entscheidung, denn: „Wir hatten andere Möglichkeiten, haben uns aber dafür entschieden, unser Leben in einem Stuhl zu verbringen. Als Gott uns sah, sprach er: Ich will nicht, dass diese Frauen hart arbeiten und vom Gehen müde werden. Ich will, dass diese Frauen wie Fabergé-Eier herumgetragen werden.“ 

Das absurde Theater des Eugène Ionesco erweist sich so als idealer Ausgangsstoff in vielerlei Hinsicht.

rollsstuehle3Als sie LIzArt Productions 2016 gründeten, hatten Elisabeth Löffler und Cornelia Scheuer bereits 10 Jahre Theater-Erfahrung hinter sich. Daniel Aschwanden (1959-2021) hat als Pionier von Disability Performance in Wien ihr Talent und damit eine sehr eigenständige künstlerische Entwicklung gefördert. Jedenfalls haben die beiden den Schritt zur Selbstbestimmung und Selbstverwaltung gewagt und sich in der Kunstszene durchgesetzt. Davon zeugen die Zusammenarbeit mit Künstler*innen wie Doris Uhlich, Frans Poelstra oder Yosi Wananu sowie eine Reihe von Preisen und Auszeichnungen ihrer künstlerischen Arbeit. 

In „Die Rollstühle“ schaffen die beiden aus dieser selbstbewussten Haltung eine komödiantische Leistung, indem sie mit stoischer Ernsthaftigkeit die Banalitäten ihres Dialogs vermitteln. Lächeln dürfen nur wird, die wir als „Gäste“ diesen authentischen Comedians bewundernd zuschauen und ihre Performance genießen.

LIzArt Porductions: "Die Rollstühle", Uraufführung am 27. Jänner 2024, gesehene Vorstellung am 2. Februar 2024 im Theater am Werk

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