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NeriomBereits mit der ersten Veranstaltung unter der Bezeichnung „Open Stage“ anfangs dieses Jahres (s. Kritik vom 27.Jänner 2024) hat Tanz-Graz gezeigt: Das Angebot hat Zugkraft, findet Interesse bei regionalen und überregionalen KünstlerInnen und – nicht zuletzt - auch sein Publikum. UND: Dieser „Abend der freien Tanz- und Performanceszene“ verbindet Tanzaffine, vertieft die Solidarität innerhalb der tänzerisch Kreativen.

So mutig diese relativ zeitnahe zweite Veranstaltung dieser Art auch war – sie erwies sich als gerechtfertigt. Nicht nur das Publikumsinteresse betreffend, sondern auch, weil in den knapp zwei dichtgedrängten Stunden in 11 Kurzstücken größtenteils sehr Sehenswertes geboten wurde; weil sich wiederum die Vielfalt zeitgenössischen Tanzes manifestieren konnte; und last not least, weil zu sehen und zu spüren war: nicht die perfekte Tanz- oder Performance Technik ist das Wesentliche zeitimmanenter Tanzkunst, sondern das, was diese in großer Dringlichkeit mitzuteilen und aufzeigen hat, hinterfragen will.

Von entsprechend thematischer Ernsthaftigkeit war der Abend daher auch geprägt. Aufgespannt in einem weiten Bogen, an dessen einem Ende etwa die knallig schräge, sich ausgeflippt aufbäumende, sich in Absurditäten, aber sich auch in Sinnlosigkeit gleichgültig hingebende Performance anzusiedeln ist: in „Da Draußen Welt, die Tauben“ eines erst kürzlich zusammengefundenen Kollektivs.  Zurl

Die hier mitwirkende Thora Hohberg war auch im performativ ungewöhnlichen, spleenigen und damit vergleichbaren Duo mit Lena Eigner in „und eigentlich…scheiße“ zu erleben. Man bleibt einander nichts schuldig, gleichwohl verbunden durch berührende Hilflosigkeit. 

Sich und einander fordernd, von kraftvoll schneller Intensität: Theresa Wölfler&Viola Bukoschegg in „Lament“. Bei aller Kürze bleibt von den zwei Minuten schmerzhaft Nachdenkliches hängen. 

NiznikEin feinfühliges Erkunden rund um das Thema Burnout vermittelt sich in den ersten Minuten von Sarah Zurls „3:1 Burnt“, verliert sich dann allerdings im Spiel mit und unter einem Tuch. ‚Bewegung an sich‘, minimalistisch und fast ausschließlich in Zeitlupe – körperfaserfein geführt: Dies macht die ausgebildete Tänzer-Choreografin und Tanzlehrerin April Veselko in „“Falling In“ erlebbar und, thematisch eingebettet in unbeirrbares Weiterkämpfen, zum besonderen Erlebnis.

Von Nimrod Poles choreografiert und Katarzyna Niznik interpretiert zählte „Aftermath“ zu einem der Höhepunkte. Zu einem, der sich unter der Haut einschreibt: Gerade auch, weil es distanzierte Visualisierungen, ja Abstraktionen sind. Die einer von quälenden Erinnerungen Getriebenen und damit zwischen nahezu lähmender Zeitlupe zu emotional Explosivem Gehetzten. Mimik, Gestik und hohe Körperbeherrschung ritzen feinsäuberlich unauslöschbare Spuren der Brutalität in den Raum und in die Köpfe.Avellaneda

In eine qualitativ und thematisch vergleichbare Kerbe schlägt Carolina Avellaneda. Geboren in Bogota, in Österreich lebend; abgeschlossenes Studium im zeitgenössischen Tanz, derzeit Bachelor in . „Mit „In memory of…“ macht sie in eigenwilligster, expressiver Bewegungssprache – allein schon durch das Wingen der Arme, den Blick ihrer tiefdringenden Augen - all die Zahllosen sichtbar, ihre Situation ahnbar, die als ‚forced disappearance‘ im Gedächtnis der Allgemeinheit kaum Beachtung finden, in dem der „Wissenden“ aber umso größere, schmerzvolle Leerstellen hinterlassen. Ein grauer Plastiksessel dient ihr als Symbol des großen, unbarmherzigen Unbekannten, der schmerzend (mittels Sessel am Boden) knirschenden Macht, der sie zu entfliehen sucht und die sich doch immer wieder gnadenlos über sie stellt. Grandios. 

Open Stage, 28. Juni 2024, Kristallwerk Grazwww.tanz-graz.at

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