Im Odeon hat die neue Tanzschiene Premiere: OdeonTanz, 29.Jänner bis 5. Februar 2010
„Ja“ sage ich und nicke. „Nein“ sage ich und schüttle den Kopf. Das gesprochen Wort setzt den Körper in Bewegung, die Dynamik des bewegten Körpers gibt dem Wort neue Bedeutung. Dieser Verbindung zwischen Text und Bewegung, speziell dem im Tanz sich bewegenden Körper, spürt Rose Breuss, Kuratorin der neuen Tanzschiene im Odeon, mit einer eigenen Produktion und vielen Gästen nach. „Hoch hinaus“ ist das Motte dieser ersten Serie einer vorerst für zwei Jahre geplanten Reihe.
Für die Eröffnung wurde die renommierte Publizistin und Dramaturgin Nike Wagner gewonnen. Sie wird am 29. Jänner ihre Gedanken zum Tanz mitteilen. Danach zeigt Rose Breuss eine Choreographie zu Gedichten von Paul Éluard „Sichtbare Lieder“. Éluard (1895-1952) hat in seinen surrealistischen Gedichten den Körper entgrenzt, „wie an eine Hand verwandelt, wenn man sie in eine andere legt“. Aus diesen Texten entwickeln die Tänzerinnen eine gesteigerte Körperlichkeit, lassen Emotionen in ihre Bewegungen einfließen und formen ein durch die Musik von Franz Hautzingers (Live an der Trompete im Duett mit elektronischen Klängen) zum Pulsieren gebrachtes Stück.
Boris Nebyla wird im Stück „SCHRIFTzeichnen“ von Bernd R. Bienert Tanz und Gebärdensprache verbinden. Die Dichotomie zwischen Tanz, als Visualisierung innerer Vorgänge, und Gebärdensprache, als Vermittlerin konkreter Mitteilungen, soll dem Publikum Schritt für Schritt die Entwicklung vom Text zum Tanz verständlich machen. Juan Dante Murillo Bobadilla und Arnulfo Pardo Ravagli zeigen die Performance „Hate“, ein Stück das von den Texten des kolumbianischen Autors Andres Caicedo und der Musik des Sängers und Komponisten Ian Curtis inspiriert worden ist. Die beiden Tänzer/Choreografen bringen die früh verstorbenen Künstler, die einander nie begegnet sind, gemeinsam auf die Bühne, um die Gemeinsamkeiten in Leben und Werk aufzuzeigen.
Um möglichst viel von der heimischen Tanzszene zu zeigen und mit den ausländischen Gästen auch ihre Internationalität zu betonen, hat Breuss Abende mit mehreren kurzen Stücken konzipiert. Lina Maria Venegas, die ihre Arbeit für „Österreich tanzt 2009“ mit jungen Asylsuchenden in Traiskirchen begonnen hat, zeigt mit neuen Mitwirkenden das berührende „Auswärtsspiel“; Julia Mach und Anna Nowak haben Stanislaw Lems Roman „Solaris“ gelesen und ihrem Duo „alien anonymous“ zugrunde gelegt. Der Tänzer Marc Spradling (unter anderem in William Forsythes Ballett Frankfurt) zeigt „The Clap“, eine Performance in der Ekaterina Cheraneva und Ramon John es zur Musik von Steve Reich „einfach kommen lassen“. „Mindblankness“ ist ein Solo von und mit Anna Nowak, in dem sie sich mit der Absenz, dem falschen Platzieren (Missplacement) und dem scheinbar Zusammenhanglosen, Unverständlichen auseinandersetzt. Wann werden Laute zum Signal, wann der Sinn zum Unsinn? Fragen, die möglicherweise bewegend beantwortet werden.
Besonders freut sich Breuss, dass es ihr gelungen ist Rui Hortas „Ordinary Events“ nach Wien zu holen, eine inzwischen zum Klassiker gewordene Choreografie, die im November 1991 in Frankfurt uraufgeführt worden ist. Die Musik zu diesen „gewöhnlichen Ereignissen“ stammt von Les Tambours du Bronx. Die im Odeon gezeigte Fassung ist eine der wenigen autorisierten.
Rainer Krenstetter (Tanz) und Claudia Jeschke (Theorie) huldigen dem Tänzer und Choreografen Jean Georges Noverre, dessen 200. Todestags heuer gedacht wird, in Lecture-Demonstrations. In „Tanz und Narration“ sollen Noverres Strategien, ohne Wörter Geschichten zu erzählen, plastisch gezeigt werden.
Gemeinsam mit der Dramaturgin Cordula Fink hat Rose Breuss Choreografien ausgesucht, die in Zeiten virtueller Kommunikationsstrukturen (Chat, E-Mail, Facebook, Twitter), in denen sich der Bezug zum Körper drastisch verändert (hat), wieder eine Identität durch das Gedächtnis herzustellen.
„Hoch hinaus“ OdenTanz. Eröffnung 29. Jänner, 19.30 Uhr mit Nike Wagner und der Choreografie „Sichtbare Lieder“. Weitere Vorstellungen: 30., 31.1., Abende mit mehreren Kurzprogrammen: 4., 5., 6.2., jeweils 20 Uhr. Lecture Demonstration am 5.2., 18 Uhr. Das genaue Programm finden Sie auf www.odeontanz.at