Inseln haben ihren eigenen Zauber. Noch dazu wenn sie Privatinseln sind. Und überhaupt erst, wenn eine berühmte Persönlichkeit auf ihnen gewohnt hat. Mit dem Festival Positano Myth Festival (erstmals von 22. August bis 12. September 2009) gelang die Rückkehr des Tanzes auf die Privatinsel Rudolf Nurejevs.
Der aus drei winzigen Felsen bestehende Archipel Li Galli, zwischen Capri und Positano gelegen, ist (neben Aristoteles Onassis Privatinsel Skorpios und Johnny Depps Südseeatoll) solch ein extremer Fall.
In der Antike mit den Sirenen in Verbindung gebracht, im Mittelalter als Sarazenennest in Verruf geraten, wurde er 1922 von dem russischen Tänzer und Choreographen Leonide Massine erworben, der daraus mithilfe von niemand Geringerem als Le Corbusier ein weltweites Forschung- und Ausbildungszentrum für innovativen Tanz machen wollte. Ein mediterraner Wirbelsturm zerstörte die ersten Ansätze des ehrgeizigen Unterfangens.
Später gingen die Inselchen in den Besitz von Rudolf Nurejev über, der sie, ganz auf privacy bedacht, zu seinem Flucht- und Rückzugsort erkor. Auch nach seinem Tod blieben sie unzugänglich. So dass kaum je ein nichttanzender Normalsterblicher seit Menschengedenken seinen Fuß au diesen geheimnisumwitterten Ort gesetzt hatte.
Somit wuchs die Aura von Li Galli naturgemäß ins Unermessliche.
Insel. Privat. Tanzlegende. Seit Jahrzehnten unbetretbar. Was braucht man mehr, um einen Mythos zu kreieren ...
Insofern glich es einer mittleren Sensation, als das neugegründete POSITANO MYTH FESTIVAL ankündigte, zum ersten Mal in der Geschichte des sagenumwobenen Eilands daselbst eine öffentliche Tanzperformance abhalten zu wollen.
Bang bestieg man das Schiff, das einem auf die bislang "verbotene" Insel brachte. Würde der Mythos der Realität standhalten? Oder würde man eine so heftige Enttäuschung erleben, dass man ich wünschen würde, für immer ferngeblieben zu sein?
Glücklicherweise wurden an diesem Abend alle Erwartungen bei weitem übertroffen, zumal die Veranstalter jeder populistischen Versuchung beherzt widerstanden hatten.
Auf der winzigen Terrasse der von Geschmacksunsicherheiten nicht ganz freien Villa Nurejev wurde vor der überwältigenden Kulisse des Sonnenuntergangs über der Punta Campanella mithilfe von Stars aus Paris, Rom, Hamburg und New York ein herbes Konzentrat der klassischen Tanzmoderne in Szene gesetzt.
Soli und Pas de deux nach Choreographien von Massine, Nijinsky, Fokine etc. zu Musik von Stravinsky, Satie, Rachmaninoff und Shostakowitsch führten einem noch einmal in geballter Form die unglaubliche und unübertroffene Kühnheit und Konsequenz dieser Tanzponiere vor Augen und wiederbelebten somit in angemessener Form den Geist der einstigen Bewohner dieser Insel.
Denkwürdig. Einzigartig. Unvergesslich. Eine Sternstunde.
Bei diesem einen Mal soll es nach dem Willen des neun Besitzers des Archipels nicht bleiben.
Der menschenfreundliche und umgängliche Hotelier stellt ab nächstem Jahr Tanzworkshops im Sarazenenturm und weitere Aufführungen in Aussicht.
Auf dass der ursprüngliche Traum von Massine und Le Corbusier vielleicht doch noch Wirklichkeit werde, Li Galli zum Synonym für Tanz zu machen ...
www.positanomythfestival.com/