Ein leuchtendes Beispiel für effiziente Kulturarbeit ist das seit 1981 wachsende und mittlerweile zu den größten Kunstinitiativen Italiens zählende internationale Sommerfestival von Venetien mit Hauptsitz in Bassano del Grappa, „Operaestate“: Unter der künstlerischen Leitung von Rosa Scapin und Carlo Mangolini ziehen Musik- und Sprechtheater sowie zunehmend auch zeitgenössischer Tanz Einheimische wie Touristen magnetisch an.
Nicht zuletzt, weil hier die gerade in Kultursparzeiten so wichtige Gemeinsamkeit und das Bekenntnis einer Region zu Kultur gelebt und vorhandene Ressourcen effizient eingesetzt werden – in Italien keine Selbstverständlichkeit. Resultat: Vom kraftvoll pulsierenden Herz des Festivals, Bassano del Grappa, ausgehend legt sich hohe Bühnenkunst als dichtes Netz über die schönsten Plätze im Inneren Venetiens.
Namen, die wie Zauberworte klingen - Bassano, Cittadella, Marostica, Feltre, Asolo, Este, Castelfranco Veneto… Doch auch in Dörfern, Kirchen und Klöstern, vor Gedenkstätten, in Gärten und Museen wird gespielt. Den ausländischen Besucher locken neben dem Musiktheater wie im heurigen Sheakespeare-Jahr etwa Bellinis „I Capuleti e I Montecchi“ vor allem die Tanzproduktionen. Und auch da kann Operaestate, das am 9.Oktober mit Mozarts „Zaubeflöte“ zu Ende geht, es unter Leitung von Roberto Casarotto, Direktor des Balletto di Roma und national wie international dem zeitgenössischen Tanz verpflichtet, bald mit den ganz großen Festivals aufnehmen: Marie Chouinard kam mit ihrer Hieronymus Bosch-Schöpfung „the garden of earthly delights“/„le jardin des délices“, das Cullberg Ballet mit „Figure a Sea“, Yasmeen Godder mit „Common Emotions“ und „Stabat Mater“ – ein Thema, das solistisch auch von Yoko Higashino in - nicht immer glücklichem – Ost-West-Ansatz und der Kanadierin Mélanie Demers aufgegriffen wurde. Chris Haring choreografierte zusammen mit Itama Serussi Sahar „Giselle“, Liz King war als Partnerin des EU-Museumsprojekts „Dancing Museum“ in der prächtigen Stadtgalerie der mittelalterlichen Grappa-Metropole mit Dante Murillo präsent. Nicht zu vergessen die aufstrebende Francesca Foscarini, zuletzt als CCB-Residenzkünstlerin mit Valentina Dal Mas bei der „Langen Nacht des Tanzes“ in Millstatt erstmals in Österreich, die nun bei Operaestate im mittelalterlichen ehemaligen Gefängnispalast von Cittadella mit einer neuen, auf den Ort choreografierten abendfüllenden Arbeit, die von vielen als eine der besten des Festivals betrachtet wurde, beeindruckte.
Operaestate, 13.Juli bis 9.Oktober 2016