Lang ist es her, dass sich ein Chefdirigent im Haus am Ring dazu „herabließ“ ein Ballett zu dirigieren. Nun ist es aber wieder soweit. In seinem fünften Jahr als Generalmusikdirektor an der Wiener Staatsoper wird Franz Welser-Möst eine Ballettpremiere musikalisch leiten, und zwar einen Abend, der ausschließlich der Musik von Richard Strauss in der Choreografie von John Neumeier gewidmet ist. Mit der „Josephs Legende“ kommt ein beliebtes Ballett wieder, „Verklungene Feste“ ist erstmals in Wien zu sehen.
Positive Bilanz. Manuel Legris ist zufrieden. „Es schaut generell sehr positiv aus“, meint er bei der Saison-Präsentation des Wiener Staatsballetts. Das gute Ergebnis schlägt sich in einer Auslastung von über 97 Prozent an der Wiener Staatsoper und von nahezu 89 Prozent an der Volksoper nieder. Aber nicht nur die Zahlen geben ihm Recht. Lässt man die letzten fünf Jahre Revue passieren, dann ist eine künstlerische Steigerung und die internationale Ausstrahlung der Compagnie offensichtlich. So wurden 53 Ballette einstudiert: Neuinszenierungen der großen Klassiker wie „Schwanensee“, „Nussknacker“ und „Don Quixote“, Werke großer Choreografen des letzten Jahrhunderts wie George Balanchine oder Roland Petit und der neuen Generation wie William Forsythe oder Jean-Christophe Maillot. Zwölf Kreationen gab es für das Wiener Staatsballett von choreografischen Newcomern wie Patrick de Bana oder Natalia Horecna oder den Ensemblemitgliedern Vesna Orlic, András Lukács und Andrey Kaydanovskiy.
Auch der Look der Compagnie trägt mittlerweile die Handschrift des Ballettchefs. Er hatte ja bei seinem Antritt die Compagnie beinahe unverändert übernommen. Mittlerweile sind 34 der 105 TänzerInnen des Staatsballetts (an der Staatsoper und Volksoper) von Legris selbst engagiert worden, in der näcshten Saison kommen fünf neue Mitglieder ins Corps de ballet.
Großen Wert legt Legris auch auf die musikalischen Leiter. Mit Peter Ernst Lassen, Markus Lehtinen, Vello Pähn, Fayçal Karoui, Alexander Ingram und anderen konnte man eine Reihe von Ballett erfahrenen Dirigenten verpflichten und damit eine zusätzliche Qualitätssteigerung der Aufführungen erreicht.
Spannender Ausblick. Die Linie, die in den letzten Jahren so sorgfältig aufgebaut wurde, soll 2014/15 noch um einiges gesteigert werden. Grundlage für ein abwechslungsreiches Programm ist das Repertoire an beiden Häusern.
Dazu kommen die Premieren. An der Wiener Staatsoper ist das erste Highlight der eingangs erwähnte Strauss/Neumeier-Abend unter dem Dirigat von Franz Welser-Möst, der am 4. Februar Premiere haben wird. Am 9. Mai werden „Adagio Hammerklavier“ von Hans van Manen und „Bella Figura“ von Jiri Kylián wieder aufgenommen, „Cacti“ von Alexander Ekman kommt an der Staatsoper erstmals zur Aufführung. Der 30-jährige freischaffende Choreograf aus Schweden bringt damit eines seiner erfolgreichsten Ballette nach Wien.
An der Volksoper wird am 16. November dieses Jahres ein zweiteiliger Abend mit Choreografien des Ballettchefs von Biarritz, Thierry Malandain zur Premiere kommen. Die Musik zu diesem Abend stammt von Mozart und Gluck und am Dirigentenpult ist erstmals der langjährige Ballettkorrepetitor Jiri Novak zu erleben. Die große Premiere der Saison an der Volksoper ist Boris Eifmans Erfolgsballett „Giselle Rouge“ (12. April 2015). Am 2. Juni gibt es eine Neuauflage des Abends, den Manuel Legris für die Nachwuchsförderung konzipiert hat: In „Junge Talente des Wiener Staatsballetts II“ treten junge TänzerInnen aus der Anonymität des Corps heraus und übernehmen die Rollen der SolistInnen.
Doch auch die laufende Saison hat noch Einiges in petto. An manchen Stücken, die auch im Repertoire der kommenden Spielzeit sein werden, wird zur Zeit noch heftig gearbeitet. Am 29. April wird „Ein Reigen“ an der Volksoper uraufgeführt. Das gemeinsame Konzept von Choreograf Ashley Page und Ausstatter Antony McDonald nimmt Schnitzlers Drama als Grundlage eines Portraits über das Wien um die Jahrhundertwende. Der Salon von Berta Zuckerkandl ist Ort der Handlung und Symbol für die Kreativität jener Epoche.
Auch die „Meistersignaturen“, die am 27. Mai erstmals gespielt werden, bergen einige Überraschungen. Neben „Le souffle de l’esprit“ von Jiri Bubenicek werden nach langer Abwesenheit von der Wiener Staatsoper Rudi van Dantzigs „Vier letzte Lieder“ wieder aufgenommen. „Vaslav“ von John Neumeier, das bisher lediglich im Rahmen einer Nurejew Gala gezeigt wurde, kommt nun ins Repertoire, Premiere feiert das „Allegro Brillante“ von George Balanchine.
Für das Programm der diesjährigen Nurejew Gala am 28. Juni sind noch einige Details offen, aber soviel ist schon sicher: das grandiose Corps de ballet wird darin gefeiert werden, in Auschnitten aus „Paquita“ die Damen und in der Pariser Fassung der „Polonaise“ aus dem ersten „Schwanensee“-Akt die Herren, und alle im „Valse fantastique“ aus „Raymonda“. Der Ballettchef selbst wird mit Olga Esina den Pas de deux aus Roland Petits „Fledermaus“ tanzen.
Auch Simona Noja, Leiterin der Ballettakademie der Wiener Staatsoper zeigt sich mit der Entwicklung ihrer Schule zufrieden. Die Zielsetzung einer Gender-Balance ist mit 63 Mädchen und 62 Jungen nun fast erreicht, und jedes Jahr schaffen es ein bis zwei AbsolventInnen auch in das Wiener Staatsballett. Am 21. Juni wird man sich über die Leistungen der SchülerInnen bei der Matinee in der Wiener Staatsoper ein Bild machen können.
Auch für folgende Saison gibt es ambitionierte Pläne. Neben der Matinee, die 2015 in Zusammenarbeit mit der Opernschule auf die große Bühne gebracht wird, und den jährlich im Zelt auf dem Dach der Staatsoper stattfindenden Tanzdemonstrationen wird es Gastspiele im MuTh (17. bis 23. Juni 2015) geben.
Erstmals gibt es heuer ein Sommerprogramm, bei dem BallettschülerInnen von 11 bis 18 Jahren eine Woche lang mit den LehrerInnen der Ballettakademie der Wiener Staatsoper trainieren und so die Ausbildung kennen lernen können (23. bis 28. Juni 2013 ).
Die im letzten Jahr gegründete Jugendcompagnie mit AbsolventInnen zwischen 18 und 22 Jahren ist bereits fleißig auf Tournee und ist im Juni dieses Jahres auch im Palais Ferstel zu erleben. (Leider sind die Aufführungsdaten auf der Homepage der Ballettschule seit Dezember 2013 nicht mehr aktualisiert worden und das genaue Datum des Auftritts ist darauf nicht eruierbar.)