Tänzerische Arbeit ist in der Ausbildung von Schauspielerinnen und Schauspielern eine nicht selten in ihrer Bedeutung unterschätzte Dimension der körperlichen Vorbereitung auf den Beruf. Miriam Schmid hat darüber ihre Bachelorarbeit im Studium Zeitgenössische Tanzpädagogik 2014 „Tanzunterricht und Körperbildung in der Schauspielausbildung. Vergleich und Analyse der körperbildnerischen und tanzspezifischen Lehrangebote in österreichischen Schauspielschulen“ verfasst.
Die Arbeit untersucht diesen Aspekt des Schauspielstudiums, zeigt Chancen und Defizite auf und beleuchtet die Möglichkeiten zeitgenössischen Tanzes für Persönlichkeitsentwicklung und Darstellungskunst.
Dazu steht am Beginn eine theoretische Auseinandersetzung mit den bewegungsspezifischen Ansätzen einiger namhafter und einflussreicher Theatertheoretiker und Regisseure: Welche Relevanz hat die Arbeit mit der Physis und der Körpersprache in den Schauspieltheorien Stanislawskis, Brechts, Strasbergs, Meyerholds, Tschechows, Grotowskis und Lecoqs? Im Rahmen dessen wird die Doppelerfahrung der Außenperspektive der eigenen Körperlichkeit („Körper-Haben“) und der Innenperspektive („Körper-Sein“) aufgegriffen. Das unbedingt notwendige psycho-physische Zusammenwirken in der schauspielerisch-gestalterischen Arbeit wird herausgearbeitet und erörtert.
Das zweite Kapitel beinhaltet Fakten und Informationen zum Körper- und Tanzunterricht an den Schauspielinstitutionen von fünf österreichischen Universitäten: der Konservatorium Wien Privatuniversität, der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, der Kunstuniversität Graz, der Universität Mozarteum Salzburg und der Anton Bruckner Privatuniversität Linz. Hier werden die Zielsetzungen, Inhalte und methodischen Herangehensweisen der einzelnen Lehrveranstaltungen aufgezeigt und die Stellung im Studienplan sowie die Anzahl der ECTS-Punkte (und damit der „workload“, d.h. der Arbeitsaufwand) angegeben. Im Anschluss werden die Ausbildungen im Hinblick auf diese Angaben verglichen und deren Gewichtung beschrieben.
Im dritten Teil der Arbeit evaluiert die Autorin die bewegungsspezifischen Angebote und Studienpläne der einzelnen Institutionen und unterzieht sie einer kritischen Würdigung.
Abschließend geht sie der Frage nach den Anwendungsmöglichkeiten von zeitgenössischem Tanz in der Schauspielausbildung nach. Zweifelsohne kann eine intensive Tanzausbildung im Rahmen des Schauspielstudiums die körperlichen und darstellerischen Kompetenzen in hohem Maße steigern und daher sollte sie flächendeckend in den Institutionen über alle Semester hindurch angeboten werden. Der Tanz vermag den Körper und die Psyche in unterschiedlichste Zustände und Empfindungen zu versetzen, aber auch diese auszugleichen und ihnen entgegenzuwirken. Diese Fähigkeit ist unabdingbar für den Schauspieler, der sich ständig verändern, wandeln und anpassen muss, der sich immer wieder verlässt, um sich in einer anderen Figur wiederzufinden.
Die Bachelorarbeit wurde im Jahr 2015 unter dem Titel „Tanz im Schauspielstudium. Analyse, Erfordernisse und Chancen körperbildnerischer und tanzspezifischer Lehrinhalte in der Schauspielausbildung“ im AV Akademikerverlag publiziert.
Miriam Schmid, BA
ist Tanzpädagogin, Choreografin und AHS-Lehrerin. Sie absolvierte ihr Studium der Zeitgenössischen Tanzpädagogik an der Konservatorium Wien Privatuniversität (nunmehr: MUK - Musik- und Kunst-Privatuniversität der Stadt Wien) und ist zur Zeit noch Studierende für das Lehramt der Anglistik und Psychologie/Philosophie an der Universität Wien.
Bereits während des Studiums der Zeitgenössischen Tanzpädagogik trat Miriam Schmid als Tanzpädagogin eine Lehrvertragsstelle an einem Wiener Gymnasium an; heute ist sie dort als Vertragslehrerin für Tanz, Bewegung und Darstellung, Musiktheater und Englisch tätig und war an der Entwicklung eines neuen Lehrplanes für das Maturafach Tanz beteiligt. Außerdem leitet sie Kurse und Workshops für Körperbildung in der Generation 50+.
Sie ist im Leitungsteam des Theaters BRETTERHAUS, wo sie als Choreografin, Tänzerin, Schauspielerin und Regieassistentin bei der Uraufführung und bislang acht Wiederaufnahmen von „FAUST – Der Tragödie dritter Teil“ seit 2010 tätig war.
Im Jahr 2015 zeigte sie mit großem Erfolg ihre Choreografie „septem“ im Rahmen der Theater BRETTERHAUS Produktion „Die 7 – Auch deine Todsünde ist dabei“ und wirkte bei „Circus Infernalis“, dem zweiten Teil des Stücks, als Schauspielerin mit.