Die Bachelorarbeit über „Entwicklung und Perspektiven des künstlerischen Tanzes in Südtirol“ ist eine längst überfällige Analyse, um Maßnahmen für die Weiterentwicklung der Sparte aufzuzeigen. In Südtirol sind die Bedeutung und Sichtbarkeit des künstlerischen Tanzes noch nicht ausreichend verbreitet. Die Arbeit will einen Beitrag leisten, um das beachtliche Potenzial dieser Region zu dokumentieren und den intensiven Diskurs und Austausch über Tanz als Kunstform sowie deren notwenigen Voraussetzungen anzuregen.
Die bisher gesetzten Impulse haben sich durchaus positiv auf die aktuelle Szene ausgewirkt und unser heutiges Tanzterrain geprägt. Um das bestehende Potenzial zu fördern, sind einige wesentliche Maßnahmen notwendig. So sind geeignete Probenräume und ein Ort, an dem der Tanz in Südtirol lokalisiert werden kann, längst überfällig. Generell müssen die Produktionsvoraussetzungen an den Schaffensprozess von Tanzstücken angepasst und professionalisiert werden. Das beinhaltet eine adäquate Fördersumme, angemessene Räumlichkeiten sowie Unterstützung der Künstler im organisatorischen und bürokratischen Bereich. Außerdem muss die Verbindung zu Europa gestärkt werden, was bedeutet, dass intensive Netzwerkpflege stattfinden muss. Denn nur so bieten sich den lokalen Produktionen genügend Aufführungsmöglichkeiten um auch international zu bestehen. Südtirol ist durch seine geografische Lage und seine kulturellen Gegebenheiten ein idealer Schnittpunkt für nördliche und südliche Regionen, wobei aber zunächst ein konkreter Ort, der Anknüpfung ermöglicht, geschaffen werden muss.
Durch das Fehlen einer professionellen Ausbildungsstätte für Tanz gehen Tanzinteressierte gezwungenermaßen ins Ausland. Bisher sehen sie keine Perspektiven und Möglichkeiten, auch wenn der Wille da ist, ihr Wissen und Ihre Erfahrung in der Heimat einzubringen, weil die notwendigen Arbeitsbedingungen fehlen. Den wenigen Dagebliebenen oder Zurückgekehrten fehlen hingegen häufig der internationale Austausch und der größere künstlerische Diskurs.
Neben der Professionalisierung der Tanzszene muss auch die Vermittlung und Sichtbarkeit nach außen ausgebaut werden, um das Interesse der Öffentlichkeit zu gewinnen. Vermehrte Integration des Tanzes ins kulturelle Alltagsgeschehen, in Schulen, Musikschulen, als öffentliche Events (Einweihungen, Feiern u.Ä.) und eine stärkere Präsenz in den Medien sind bedeutsam für den Aufbau eines spezifischen Publikums. Der öffentliche Diskurs über die Kunstform des Tanzes muss angeregt werden. Die Bevölkerung sollte immer wieder mit Tanz konfrontiert werden oder damit in Berührung kommen können. Nur so kann man den Menschen einen Zugang zu dieser vermeintlich nicht einfach verständlichen Kunstform ermöglichen. Auch wenn Tanz Teil der verbreiteten traditionellen und populären Kultur ist, findet nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung den Zugang zum zeitgenössischen Tanzgeschehen.
Der Grundstein wurde von einigen engagierten Akteuren der Tanzszene gelegt, nun gilt es strategisch die Perspektiven der Tanzregion Südtirol aufzuzeigen und Entwicklungen in Gang zu bringen, um Qualität und Quantität im lokalen Tanzangebot zu steigern.
Sarah Merler
hat ihren Bachelor of Arts an der Konservatorium Wien Privatuniversität in Zeitgenössischem und Klassischem Tanz abgeschlossen. Im Zuge ihrer Ausbildung war sie bereits bei internationalen Festivals, wie Impulstanz oder Wiener Festwochen zu sehen und hat unter anderem in Stücken von Georg Blaschke, Simon Mayer, Darrel Toulon, Esther Balfe, der Company @tendance und in „Set and Reset“ von Trisha Brown getanzt. Sie kreiert auch eigene Stücke, die immer wieder in Südtirol, u.a. beim „Schaufenstertanz“ von Tanz Bozen und beim Festival Alps Move zu sehen sind. 2017 wird sie unter anderem bei Ganymed female im Kunsthistorischen Museum zu sehen sein sowie bei der neuen Produktion des Stadttheater Bozen. Neben ihrer tänzerischen Tätigkeit ist sie auch im Bereich des Kulturmanagement aktiv und arbeitet zurzeit an der Publikation ihrer Bachelorarbeit.