In diesem Handbuch der Oxford University Press zum Thema Community Arts bzw. partizipatorischer Kunstpraxis steht die Musik im Mittelpunkt der akademischen und angewandten Diskussion. Diese inhaltlichen Schwerpunkte werden auch von den Herausgebern repräsentiert: Brydie-Leigh Bartlett ist Direktorin des Queensland Conservatorium Research Center, eines Forschungszentrums in Australien. Lee Higgins ist Professor und Direktor des International Centre of Community Music an der York St. John University in Großbritannien.
Community Arts ist den Kinderschuhen entwachsen und hat sich als ernst zu nehmende Disziplin in pädagogischer, sozialer, künstlerischer und akademischer Hinsicht etabliert. Besonders lebendig gestaltet sich die Community Music Szene, wie das vorliegende Buch belegt. Die umfangreiche Sammlung von Beiträgen auf 768 Seiten ist in fünf Abschnitte unterteilt. Im ersten Teil werden Kontext-Szenarien von Community Music erläutert, etwa bei der Konfliktbearbeitung, in Gefängnissen oder für positives und kreatives Altern; aber auch Online Music Communities in den sozialen Medien sind ein Thema. Der einleitenden Text stammt von Huib Schippers, der als professioneller Sitar-Spieler Erfahrungen als Musiker, Journalist, Forscher, Pädagoge, Projektmanager und in der Kulturpolitik hat. Er unterscheidet drei Arten von Community Music: die „organische“, also in einem lokalen, regionalen Kontext praktizierte (Volks-)Musik; Community Music als bedarfsorientierte Intervention; sowie die daraus entstehenden Institutionalisierung an professionellen Ausbildungsstätten. Schippers verhandelt diese Kategorien mit all ihren Widersprüchen und stellt dazu neun Fallbeispiele vor. So bietet allein der Begriff „Community“ bei bedarfsorientierten Interventionen eine breite Angriffsfläche für unterschiedliche Interpretationen. Schippers Beitrag bereitet das Feld für einen Begriff und eine Praxis vor, die sich ob ihrer Vielfältigkeit und Mannigfaltigkeit einer eindeutigen Positionierung entzieht. Doch das ist auch nicht Ziel dieses Handbuches, vielmehr geht es ähnlich wie bei dem Handbuch „Dance and Wellness“ um eine möglichst umfassende Bestandsaufnahme unterschiedlicher Positionen und Zugänge. Unbestritten sind bei den Autoren der Beiträge jedoch die Werte, die Community Arts zugrunde liegen: soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, kulturelle Demokratie und Teilhabe.
Im Abschnitt „Transformations“ wird Fragen nach der Wirkung nachgegangen, zum Beispiel ob Community Music bei Jugendlichen Empowerment bringt, oder wie sich interkulturelle Kreativität in Musik übersetzen lässt. Eine Fallstudie widmet sich einem Musiktheater-Projekt als eine friedensbildende Maßnahme bei unterschiedlichen Ethnien in Malaysia. Im abschließenden Kapitel werden Evaluierungsmethoden für die Wirkung von Community Arts bzw. Music Interventionen vorgestellt und wie etwa die vom Arts Council England herausgegebenen Anleitungen für eine Selbstevaluierung die Realität abbilden (können).
In einer weiteren Sektion unter dem Titel „Politics“ geht es um (kultur-)politische und ethische Fragen. Unter anderen erörtern hier Marissa Silverman und David J. Elliot Community Music unter der Perspektive von künstlerischer Citizenship. Im vierten Teil werden Überschneidungen zwischen Kunst und Therapie im weitesten Sinn erörtert: „Group Singing and Quality of Life“ lautet ein Beitrag, ein anderer „Community Music and Rational Recreation“, ein weiterer befasst sich mit sehbehinderten Musikern. Der fünfte und letzte Teil ist der Musikerziehung gewidmet, in der Schule oder als Element von lebenslangem Lernens. Ein Kapitel verhandelt die Rolle der Universitäten in der Zusammenarbeit mit lokalen musikalischen Communities.
Wie die beiden anderen Handbücher („The Oxford Handbook of Dance and Wellbeing“ und “Oxford Textbook of Creative Arts, Health, and Wellbeing"), so ist auch "The Oxford Handbook of Community Music ein wertvolles Referenzwerk für eine boomende Kunstausübung, deren Potenzial erst ansatzweise verstanden bzw. ausgeschöpft wird.
Brydie-Leigh Bartlett, Lee Higgins (Eds.) „The Oxford Handbook of Community Music“, Oxford University Press 2018, 768 Seiten. In englischer Sprache
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