In ihrem neuen Buch begibt sich Dagmar Ellen Fischer auf eine tänzerische Spurensuche von der Urzeit bis ins Heute. Diese beschränkt sie nicht auf Europa, vielmehr versucht sie einem globalen Blick zu folgen. Ein ambitionierter Ansatz, den die Biografin von Egon Madsen und Ivan Liska auf 300 reich bebilderten Seiten einzulösen versucht.
In ihrer Einleitung räumt Dagmar Ellen Fischer ein, dass es sich dabei um die „Kunst des Weglassens“ handelt. Walter Sorells Statement zur Subjektivität von Geschichtsschreibung unterstützt ihre Herangehensweise: "Das Wesentliche an der Geschichte ist nicht, was war, sondern was wir glauben…" In diesem Sinne ist „Eine kurze Geschichte des Tanzes“ nicht die einzige Publikation dieser Art, aber sicher der jüngste und vielleicht auch der konzentrierteste Streifzug durch die Entwicklung des Tanzes: von seinen Anfängen als animalisches Ritual über seine Ausprägungen in den ersten Zivilisationen (in Ägypten, Mesopotamien, Indien und Mittelamerika) bis zum Bühnentanz von der Renaissance bis zur Gegenwart. Die Parallelität von Gesellschaftstanz und Schautanz, von Hochkultur und Entertainment wird anschaulich und schlüssig dargestellt.
Natürlich sind dabei die Beispiele aus der Anthropologie ebenso willkürlich gewählt wie die Choreografen aus der jüngeren Geschichte in Deutschland und den USA. Während Neumeier und Forsythe bereits in die Chronologie der Ballettgeschichte eingeordnet sind, bekam Martin Schläpfer, der auch das Vorwort schrieb, ein eigenes Unterkapitel. Jüngste Auswüchse der Tanzperformance werden ebenso angerissen wie etwa der Konflikt um Crankos Erbe (während die Nachfolge-Turbulenzen um Pina Bausch nur kurz erwähnt wird). Soziokulturelle Aspekte, die gerade in den letzten Jahren in zahlreichen Publikationen thematisiert werden, finden keine Erwähnung.
Man kann also einerseits durchaus über die „Auslassungen“ diskutieren. Doch andererseits weiß Dagmar Ellen Fischer: In der Kürze liegt die Würze. Auf Grundlage ihrer persönlichen Quellen- und Themenaffinität ist ihre Tanzgeschichte in elf Kapiteln ein gut geschriebenes, leicht lesbares, und grafisch ansprechend gestaltetes Buch. Ideal geeignet für Einsteiger, um sich einen Überblick über die Materie zu verschaffen, und für Sachkundige zur Wissensauffrischung.
Dagmar Ellen Fischer: „Eine kurze Geschichte des Tanzes“, Henschel Verlag Leipzig, 2019
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