Im journalistischen Berufsleben lernt man ja so manche interessante Menschen kennen. Wenn sie dann auch noch „ur nett“ und sympathisch sind, dann ist das die Butter auf den Brotberuf. So eine war Natalia Horečna, die ich in der Wiener Staatsoper, gleich in der Ballett-Etagenküche interviewen durfte.
Natalia, die ihren slowakischen Hatschek internationalerweise schnell abgelegt hatte, leitete die Proben zu einem ihrer ersten Tanzstücke in Wien. Dem Küchengespräch folgte die Begleitung in den Probesaal, quasi als Illustration ihrer vorherigen Sätze. Die innerlich wie äußerlich leuchtende, fast strahlende, Persönlichkeit der Slowakin, die schon früh bei John Neumeier in Hamburg tanzte, und seit Jahren in aller Welt ihre Choreographien zeigt, hatte mich als alten Tanzneugierigen in ihren Bann gezogen. Da war dann Monsieur Legris, der mir damals zum Abschied noch auf die Schulter klopfte, fast nur mehr eine Zugabe.
Natalia und ich haben seither immer wieder Kontakt. Viel zu selten persönlich – dazu ist sie viel zu viel und ich viel zu wenig in der Welt unterwegs. Aber hin und wieder schreiben wir uns sehr persönliche E-Mails.
Seit dieser Zeit wurde meine langjährige bockige Einstellung zum Thema „Starkult“ massiv in Frage gestellt. Hatte ich doch immer gedacht, die Verehrung von hoch gestellten oder hoch performenden (nicht immer dasselbe!) Personen wäre eine Art Massen(medien)phänomen, dem man nicht nachhecheln sollte.
Ein weiteres Beispiel meiner Läuterung in Sachen „Starkult“ brachte der selige Ko Murobushi. Dessen freundliches Lächeln beim Butohunterricht bestenfalls ein Feixen war, der aber mit hoher Akzentuierung hinaus aus seiner fernöstlichen Versenkung in westliche Dynamik schnellte. Auch ihn verehr(t)e ich in Dankbarkeit, viel gelernt zu haben.
Eine ganz neuzeitliche Erfahrung durfte ich kürzlich machen, als das Tanzquartier Wien im Zuge der Premiere von Liquid Lofts Lost in Freaky Evolution einen Workshop „on stage“ anbot. Natürlich war ich mit dabei und ziemlich von den Socken, denn der Liquid-Loft-Mitbegründer und künstlerische Leiter Chris Haring himself leitete den Workshop, tatsächlich direkt auf der Museumsquartiers-Bühne! Neben den wunderbaren Bewegungs-Erfahrungen lernte ich so auch einen sehr feinen, auf die vielen Einzelnen tatsächlich auch eingehenden Menschen kennen. Zur langjährigen Bewunderung der Compagnie kam bei mir solcherart noch große Wertschätzung für deren Ober-Haupt dazu.
So genehmige ich mir halt in meinen späten Jahren immer wieder die kultische Huldigung meiner „Stars“, auch wenn diese ja nur in der sehr sehr kleinen Welt des Tanzes am Firmament funkeln. Zum Gernhaben und zum Von-ihnen-Lernen.
Wenn Sie mir schreiben möchten, bitte, sehr gerne:
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