Vor zwei Jahren wurde subsTanz als Kompanie für zeitgenössischen Tanz in Graz gegründet: Von fünf Tanzbegeisterten, die bereits einige Jahren miteinander in unterschiedlichen Gruppierungen trainierten und auftraten, sowie von Profitänzer Xianghui Zeng. Nach der Produktion „Kuckucksnest“ (s. Kritik 31. März 2019) kam nun die Tanzperformance „Verfall“ unter Mitwirkung von sechs Tänzerinnen zur Aufführung.
Die thematische Komplexität war schon bei ihrem ersten Projekt eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Nun, bei „Verfall“, da das Mit- und vor allem das Gegeneinander von Mensch und Erdball hinterfragt und performativ umgesetzt werden sollte, war eine Überforderung nahezu aufgelegt.
Die Tänzerinnen boten in der knapp einstündigen Performance eine durchwegs anerkennenswerte Leistung. Dies galt für viele ihrer solistischen Passagen, in denen sie mit Bühnenpräsenz konzentriert bewegungstechnisches Können zeigten, wie auch insbesondere für die zahlreichen Gruppen-Choreografien, in denen nicht wenig anspruchsvolles Zusammenspiel sowie synchrone Abläufe weitgehend gut gemeistert wurden; all dies in oftmalig forciertem Tempo einerseits und so manches Mal in abrupt verändertem Rhythmus andererseits.
Allein, die Ausdruckskraft, die für eine auch nur annähernd nachvollziehbare thematische Umsetzung all dessen, was der Ankündigungstext verspricht, notwendig wäre, das konnten sie nicht bieten. Auch, weil dazu die entsprechende, ohne Zweifel anspruchsvolle choreografische Basis fehlte.
So gut und bemerkenswert die Arbeit ist, die Xianghui Zeng als künstlerisch tätiger Tanztrainer- und Vermittler offensichtlich leistet: der Choreographie fehlt es nicht nur an zeitgenössischer Kreativität, sondern auch an grundsätzlich inspirativem Umgang mit vorhandenem Bewegungspotential; mit dem, was an Mehrwert mittels Tanz und Musik entstehen kann, wenn man sich nicht mit der schlichten Umsetzung des einen ins andere begnügt bzw. sich gegenseitig spiegelt.
Was zu erleben ist, sind also vor allem einzelne, hübsche Show-Nummern. Allein und vor allem in langsamen Passagen in Zweierkonstellationen gelingen immerhin mehrmals künstlerisch wertvolle, inspirierende und kreative Bilder. Derartiges gälte es mutig auszubauen.
SubsTanz: „Verfall“ am 23. Oktober 2020, Kristallwerk Graz