Sie haben einen speziellen Zugang zu den gesellschaftlichen Themen unserer Zeit, die Mitglieder der „Ich bin O.K. Dance Company“. In ihrer Auseinandersetzung mit der sogenannten „Flüchtlingskrise“ geht es weder um eine intellektuelle Analyse noch um eine politische Lösungssuche. Was zählt, ist die Erkenntnis, dass uns Menschen viel mehr verbindet als uns trennt. Um das zu vermitteln hat die inklusive Tanzcompagnie die besten Voraussetzungen.
„Wann kommt endlich die Liebesszene“, fragt eine Tänzerin immer wieder – es ist ein running gag in der Aufführung von „Kein Stück Liebe“. Das Lachen wirkt befreiend, denn die Thematik ist erdrückend. Es geht um den stetigen Zustrom Asylsuchender.
Die einen sind lustig beim Clubbing (mit einer Hip Hop Routine zu Pharrell Williams „Happy“), als die anderen ankommen und versuchen an ihrem Leben teilzunehmen. Verjagen, ausgrenzen, ignorieren, es nützt nichts, sie sind gekommen um zu bleiben.
Die Choreografen Hana und Attila Zanin haben mit der Regisseurin und Verena Kiegerl einen den Mitwirkenden entsprechenden Zugang zu dem brisanten Thema gefunden, haben die Eindrücke der Tänzerinnen mit Behinderung aufgenommen und sie in ein Bühnenstück verpackt, das die menschliche Seite hautnah vermittelt Da heißt es etwa: „Zahlen überfordern mich … Bilder überfordern mich. Jeden Tag neue Bilder. Jeden Tag neue Zahlen! Ich kann die Zahlen nicht mehr zählen und die Bilder nicht mehr schauen. Mein Atem wird kürzer und kürzer, obwohl das eine langatmige Zeit werden wird …“ Der Atem wird zu einer Metapher für das Miteinanderleben: „Kann sein, dass ich dich nicht riechen kann, manchmal, aber ich kann dich atmen hören, jetzt …“
Tanztheater-Elemente werden in dieser Inszenierung mit Sprache und Hip Hop Tanz verwoben, es wird keine durchgehende Geschichte erzählt, sondern vielmehr eine assoziative Szenenfolgen entwickelt. Dabei wird in dieser Compagnie zwar auf choreografische Schärfe, nicht aber auf absoluten Gleichklang gesetzt. Dadurch bleiben die individuellen Bewegungsansätze der Tänzerinnen und Tänzer erhalten und gegenüber denen der Profis gleichberechtigt bestehen. Dieser Arbeitsmodus vertieft die Authentizität der Performer ebenso wie den Stückinhalt. „Kein Stück Liebe“ fügt der aktuellen Debatte eine eigenständige, zutiefst menschliche Facette hinzu – ohne Sozialromantik und mit großer künstlerischer Offenheit. Den Spaß, den die Tänzer auf der Bühne haben, ist dabei ein wichtiger Teil des Erfolges.
Ich bin O.K. Dance Company „Kein Stück Liebe“, Premiere am 1. April 2016 im Theater Akzent. Die nächste Vorstellung gibt es am 6. April